An Schmuck zeigt sich seit jeher Macht und Geld. Ägyptens Pharaonen ließen sich ganze Körperteile aus Gold gießen. In Chinas Han-Dynastie trugen wohlhabende Frauen Haarschmuck aus blauen Eisvogelfedern und kostbarste Korallenperlen. Louis XIV hat die Produktion von Luxusgütern zum wichtigsten Wirtschaftszweig gemacht. Der Sonnenkönig beschäftigte Schmuckhandwerker aus der ganzen Welt und wurde zur Stilikone. Was ihm gefiel, wollte ganz Europa tragen. Kaum eine Branche war von Beginn an so international wie die Schmuckindustrie.
Verschob sich in der Geschichte die wirtschaftliche Macht, veränderte sich auch der Schmuckmarkt. Das gilt nach wie vor. Aufstrebende Märkte bestimmen heute erneut den Stil, in dem Schmuck entworfen wird. Laut der Unternehmensberatung Bain & Co. entfallen 31 Prozent der Luxuseinkäufe auf chinesische Konsumenten, 24 Prozent auf US-Amerikaner und 18 Prozent auf Europäer. Die Verschiebung der Kaufkraft bedeutet aber keinesfalls Nachteile für europäische oder deutsche Designer. Denn Asiaten sind globaler in ihrem Geschmack. Ein gutes Beispiel sind indische Frauen. Sie tragen nach wie vor traditionelle Armreifen. Diese kaufen sie aber inzwischen lieber von internationalen Designern und globalen Einzelhändlern als von lokalen Produzenten.
Deutsche Luxusgüterhersteller passen Produkte an
Um die neue Käuferschicht zu erreichen, müssen deutsche Luxusgüterhersteller ihre Produkte anpassen. Asiaten haben beispielsweise schmalere Handgelenke als Europäer, weshalb sich die Uhrenfertigung verändert. Für die Produktion hat dies teilweise erhebliche Konsequenzen, ist die Technik hinter dem Zifferblatt doch hoch komplex. Aber die Größenreduzierung lohnt sich. Die Marke Longines, ein Unternehmen mit traditionell vielen kleinen Uhren, legt dank der Verschiebung der internationalen Kaufkraft seit Jahren an Umsatz zu.
Auch die Juweliere in Europa und Amerika passen ihre Produkte an die veränderte Kundennachfrage an. So verwendet der britischen Juwelier Boodles bei seinem Diamantschmuck fast ausschließlich Farben, die den lukrativen asiatischen Markt ansprechen. Bulgari hat ursprünglich Jade in Kollektionen verwendet, die nur für China bestimmt waren. Inzwischen verkauft das Unternehmen diese Stücke weltweit.
Fabergé sagt, dass die wichtigsten Käufer ihrer Schmuckeier aus Katar stammen. Das gilt auch für Sonderanfertigungen. Ein Käufer aus dem Nahen Osten verschaffte dem Unternehmen mit der Bestellung eines zehn Kilogramm schweren Platin-Eis den wohl größten Auftrag der vergangenen Jahrzehnte. Für den chinesischen Markt brachte das Unternehmen zum Neujahrsfest unter anderem ein limitiertes Schmuckei mit einem Schwein auf den Markt. Die dazu passende Fabergé-Uhr – ebenfalls mit Schweinemotiv – kostet knapp 26 000 Euro.
In China sind extravagante Stücke gefragt
Thematisch ist der Schmuckgeschmack relativ universell. Pflanzen- und Tierthemen sind beispielsweise global positiv besetzt. Darum profitieren derzeit gerade Hersteller, die ihre Kollektionen noch europäisch designen, aber bei der technischen Umsetzung wie den Größen bereits Asiaten im Blick haben. Mit der weiteren Verschiebung der Kaufkraft, wird sich aber auch der Geschmack weiter verändern.
In China fragen die Konsumenten beispielsweise wieder vermehrt extravagante Stücke im maximalistischen Stil des alten Chinas nach, meldet der Schmuckhersteller Cartier. Einzelanfertigungen für chinesische Kunden würden wieder deutlich größer und mutiger. Und auch die Eisvogelfedern liegen wieder im Trend. Die gute Nachricht für Hersteller: Der Preis ist selten kaufentscheidend.