Die Zeiten ändern sich: USA Today berichtet am 8. September von den Anhörungen von Facebook, Google und Twitter in Sachen Fake News und Politpropaganda. Ein Kommentator der Zeitung schreibt: Es droht eine strenge Regulierung von User Generated Content, so dass die Geschäftsmodelle von Social Media Networks unmöglich werden … so wie in Europa. Abgesehen von der leicht verzerrten Wahrnehmung, bleibt der Kommentator weitgehend emotionslos. Das ist halt so. Und selbst Facebook-Chefin Sheryll Sandberg geht davon aus, dass es keine Frage ist, ob es Regulierung gibt sondern nur, welche Form diese Regulierung annimmt.
Verbraucher nicht belästigen
Datenschutz ist in den USA angekommen, spätestens seit Kalifornien eine Datenschutznovelle vorgeschlagen hat, die noch strenger ist, als die DSGVO. Und die Schlagworte Privacy, Data Protection und GDPR schallen von jeder der zwanzig Bühnen auf der diesjährigen Inbound. Das hat seinen Grund, denn, die Inbound steht für das ganz andere Online-Marketing. „Wir glauben daran, dass es falsch ist, Menschen mit Kommunikation zu belästigen, wenn sie das nicht ausdrücklich gewünscht haben“. Das antwortet Kipp Bodnar, der Marketingleiter von Hubspot auf die Frage, ob die Idee von Inbound-Marketing nicht in Wahrheit immer nur die Hälfte der Realität abbildet und die Unternehmen nicht trotzdem aktiv Werbung schalten, um Nutzer-Traffic zu bekommen.
Bodnar wird sekundiert von seinem Chef. Auf der Keynote der diesjährigen Inbound-Konferenz zitiert Dharmesh Shah, einer der beiden Hubspot-Gründer, die soeben abgeschlossene Studie „The Customer Code“. Dort heißt es unter anderem, dass 85 Prozent der Nutzer negativ reagieren, wenn sie ungefragt von Unternehmen angeschrieben werden. Was der Marketer gerne euphemistisch als Nervfaktor verharmlost, wird also auf die lange Sicht Markenvertrauen und damit Umsatz kosten, da ist man sich bei Hubspot sicher.
Keynote der beiden Gründer Brian Halligan und Dharmesh Shah zur Inbound 2018
„Data“ wird Dmexco überlassen
Während die Dmexco in Köln ganz um das Thema Daten kreiselt, gibt sich die Inbound in dieser Hinsicht eher zurückhaltend. Das für die Veranstaltung namensgebende Prinzip sieht vor, dass man zunächst seine Website so optimiert, dass aus den anonymen Besuchern relevante Kontakte werden. Dafür steht ein Füllhorn von Methoden zur Verfügung – vom Newsletter über Studien bis hin zu kostenlos nutzbaren Tools und Services. Alles bietet der jeweilige Websitebetreiber dem Nutzer an, wenn er dafür im Gegenzug ein paar Kontaktdaten bekommt. Sodann wandern die Daten in ein CRM-System (Customer Relationship Management) und werden dann natürlich dazu verwendet, um Angebote zu personalisieren. Der wichtige Unterschied zu Outbound-Methoden – also Onlinewerbung oder Mailings an gekaufte Adressen – ist eben, dass der Nutzer darin eingewilligt hat, diese Beziehung einzugehen.
Viel Aufmerksamkeit für die DSGVO
24 000 Besucher tummeln sich vier Tage lang im Konferenzcenter von Boston und besuchen insgesamt 300 Vorträge
Und hier zeigt sich eine spannende Überschneidung zum etwa gleichgroßen Event in Köln: der Datenschutz. Auf keiner US-Marketing-Veranstaltung wird so intensiv über das Thema DSGVO debattiert, wie auf der Inbound. Am ersten Veranstaltungstag gab es nur eine Handvoll Vorträge, die das Thema unbeachtet ließ. Und der Tenor ist auffallend sachlich. „Auch in den USA beginnt das Thema Datenschutz eine starke Rolle zu spielen“, meint Kipp Bodnar. „Und das ist richtig so. Der Nutzer muss die Hoheit über seine Daten haben. Die Unternehmen, die auf die Inbound kommen, sehen das als fairen Deal“, sagt der Chef-Marketer von Hubspot.
Seinem Lächeln ist zu entnehmen, dass die ganze Datenschutzdebatte Wasser auf die Mühlen seines Unternehmens ist. Die Konzentration auf die eigene Website und auf die Besucher, die freiwillig dort aufschlagen ist in der Regel einfacher mit dem Datenschutz zu vereinbaren. Folgerichtig präsentierte Hubspot am zweiten Tag des Events neue Tools für die Direktkommunikation mittels Webchat und eine darauf aufbauende Plattform für Chatbots. Und in Planung befindet sich ein Werkzeug zum Verwalten der Einwilligungserklärungen: „Consent Management findet bereits an mehreren Stellen in unseren Tools statt. Das zusammenzufassen, scheint eine logische Idee“, lässt Bodnar durchblicken.