Von dpa
„Nahezu jeder Zweite wird sein Fahrzeug künftig online kaufen. Für den Automobilvertrieb forciert dies den Sprung ins digitale Zeitalter“, so Dr. Marcus Hoffmann, Partner und Automobilexperte bei A.T. Kearney. Schaffe es die Autobranche, ihr klassisches Geschäftsmodell – Produktion, Vertrieb und Service – um Mobilitäts- und Mehrwertdienste zu erweitern, so winkt bei stabilem Fahrzeugumsatz ein zusätzliches Potenzial von knapp 100 Milliarden Euro jährlich.
Autobranche im Wandel
Das Umsatzpotenzial von neuen digitalen Diensten sowie das veränderte Kauf- und Mobilitätsverhalten der Kunden ist auch für andere Anbieter attraktiv. „Neue und etablierte Plattformen wie Uber, AutoScout24 oder Alibaba werden neben Software- und Cloud-Anbietern weiter in den Markt drängen. Daher erleben wir in der Autobranche gerade den Wandel des klassischen Automobil-Ecosystems zu einem ganzheitlichen Mobilitäts-Ecosystem.“, bemerkt Andreas Form, Principal bei A.T. Kearney und Autor der Studie.
Wie die Automobilindustrie den Schritt ins nächste Zeitalter schaffen kann, stellt die Unternehmensberatung A.T. Kearney in einer neuen Studie vor. Auf Basis von Experteninterviews mit Top-Managern aus dem Automobilvertrieb und aktueller Forschungsstudien wird im Vorfeld des Genfer Autosalons ein Zukunftsszenario entworfen und in dem Bericht „Die nächste Generation des Automobilvertriebs 2025+“ vorgestellt.
Änderung der Vertriebsmodelle
Für die klassischen Automobilhersteller bedeute das die unbedingte Notwendigkeit, den Bedarf nach neuen Kanälen und Formaten zu decken, über die künftig alle Produkte und Dienstleistungen vertrieben werden. So sei es beispielsweise von zentraler Bedeutung, eine integrierte Online-Plattform als Schnittstelle zu etablieren: „Der Kunde wird sein Auto nicht mehr nur im Autohaus um die Ecke kaufen, sondern mobil auf dem Smartphone. Genau dort müssen Kunden von den Automarken abgeholt werden“, so Vertriebsexperte Form. Eine solche Plattform sei Teil einer integrierten Multikanal-Lösung, die sich über Apps, stationären Handel und Drittanbieter erstreckt. Das Betreibermodell ist dabei gekennzeichnet durch die Kontrolle der Kundenschnittstelle, Preishoheit und -transparenz. Dies kann optimal im Direktvertrieb erreicht werden. Dabei werden sich die Vertriebsmodelle von Premium-, Volumen- und „Low Budget“-Herstellern im Grad der Kontrolle durchaus unterscheiden. Vertriebspartner können als Agenten Teil des Systems sein, bei dem Umsatz- und Anreizmodell an den Stärken der Kanäle ausgerichtet werden.
Entschiedenes Handeln
Aufgrund der großen Veränderungen im Automobilvertrieb plädieren die Experten für entschiedenes Handeln. Die Zeiten generalistischer Ansätze sind vorbei. Bis 2025 werden 30 bis 40 Prozent des heutigen Händlernetzes durch neue Verkaufsformate und Direktvertrieb ersetzt. Nur wer zusätzliche Kompetenzen aufbaut und sein Vertriebsmodell weiterentwickelt, wird die Potenziale gewinnbringend nutzen und gegen neue, branchenfremde Wettbewerber bestehen können.