Mehr als 400 Bäckerei-Filialen in Deutschland tragen noch immer seinen Namen: Kamps. Dabei hat Heiner Kamps mit der Brötchenkette schon seit fast zwei Jahrzehnten nichts mehr zu tun. Doch hat der Selfmade-Millionär, der am 24. Mai 65 Jahre alt geworden ist, der deutschen Backbranche zur Jahrtausendwende nachhaltig seinen Stempel aufgedrückt. „Ich habe reichlich Mehl geatmet“, sagte der Unternehmer damals stolz über sich selbst.
Praktisch aus dem Nichts schuf der Bäckersohn Kamps zwischen 1982 und dem Jahr 2000 Europas größtes Backwarenunternehmen. „Er hat sehr früh, bevor andere wach geworden sind, den Megatrend Ernährung entdeckt“, lobt der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Mark Tüngler, im Rückblick den Unternehmer. „Er war einer der Ersten, die ganz groß in die Filialisierung eingestiegen sind“, ergänzt Branchenkenner Dieter Kauffmann vom Fachblatt „Allgemeine BäckerZeitung“ (ABZ).
Erste Bäckerei 1982 in Düsseldorf eröffnet
Doch Kamps selbst findet solch einen Rückblick nur maßvoll interessant. Er hat lieber die Zukunft im Blick: „Corona hat in der Lebensmittelbranche noch einmal alles durcheinander gewirbelt, und da ergeben sich trotz aller negativen Auswirkungen der Pandemie auch Chancen“, sagte er kurz vor seinem Geburtstag der Deutschen Presse-Agentur. Kamps wäre gerne noch einmal jünger, um sie voll und ganz zu nutzen.
Begonnen hatte die Karriere des späteren „Brötchen-Königs“ eher unauffällig mit einer Bäckerlehre. Es folgte der Meisterbrief und dann noch ein Studium der Betriebswirtschaft. Im Jahr 1982 eröffnete Heiner Kamps seine erste Bäckerei in Düsseldorf. Fünfzehn bewegte Jahre später erreichte der Umsatz des Kamps-Imperiums schon über 300 Millionen D-Mark (über 150 Millionen Euro). Doch auch das war dem Unternehmer nicht genug.
Im April 1998 wagte Kamps als erster Groß-Bäcker den Gang an die Börse – und hatte Erfolg damit. Der Kurs der Aktie schoss in die Höhe. Über Nacht wurde der Bäcker zum Börsenstar. „Kamps hat es geschafft, eine Bäckerei-Aktie ähnlich attraktiv zu machen wie ein Internetpapier“, staunt heute noch der Aktienexperte Tüngler.
Expansion ins Ausland schlug fehl
Mit den durch den Börsengang eingenommenen Millionen ging Kamps einmal mehr auf Einkaufstour. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren übernahm er elf Bäckerei-Filialketten mit fast 1500 Verkaufsstellen. Kamps kaufte industrielle Großbäcker und wagte den Schritt ins Ausland. Doch der Höhenflug dauerte nicht lange. Einige Großeinkäufe im Ausland erwiesen sich als schwer verdaulich. Die Aktie brach ein, und der Börsenliebling wurde plötzlich selber zum Übernahmekandidaten.
Im Sommer 2002 übernahm der italienische Nudelriese Barilla die Kontrolle im Kamps-Imperium und zahlte dafür 1,8 Milliarden Euro. Der Gründer verlies wenig später das Unternehmen. Kamps selbst soll damals Zeitungsberichten zufolge durch den Verkauf seines Aktienpakets rund 60 Millionen Euro verdient haben.
„Die Kamps-Story war ein großer Erfolg, auch wenn die feindliche Übernahme am Ende sicher nicht in meinem Sinne gewesen ist“, sagt der Millionär selbst heute im Rückblick. Da eine Konkurrenzklausel im Kaufvertrag weitere Aktivitäten im Backbereich zunächst einmal untersagte, sucht er andere Beschäftigungsfelder, stieg bei der Fischrestaurant-Kette Nordsee ein und übernahm später für einige Jahre die Leitung des Firmenimperiums von Müller-Milch-Gründer Theo Müller.
Von Ruhestand will Kamps nichts wissen
Seit Anfang 2019 konzentriert er sich wieder ganz auf die eigenen Geschäfte. Von Ruhestand keine Spur. „Ich werde nie aufhören zu arbeiten“, sagt Kamps und sieht sogar in der Corona-Krise neben allen negativen Aspekten auch große Chancen. Das gelte gerade im Bäckereigeschäft. Denn durch die Krise würden viele Einzelhändler aufgeben müssen und die Mieten in den Innenstädten unter Druck geraten. Für Cafés und Bäckereien eröffneten sich dadurch Möglichkeiten, Geschäfte in attraktiven Lagen zu eröffnen, die sie sich zuvor nicht hätten leisten können.
„Ich wäre jetzt gerne zehn bis 15 Jahre jünger. Dann würde ich diese Gelegenheit nutzen. Aber dafür bin ich jetzt vielleicht doch schon zu alt“, sagt er. Zwar sei er noch bei bester Gesundheit. Aber: „Man braucht doch immer fünf bis sechs Jahre, um etwas Neues aufzubauen, und das ist mir inzwischen wohl doch zu lang.“
Außerdem hätten sich auch seine Prioritäten verändert, seitdem seine dritte Ehefrau vor sechs Jahren Zwillinge zur Welt gebracht habe. „In meine jüngsten Kinder kann ich mehr Zeit investieren, als ich es bei meinen älteren Kindern tun konnte, die Anfang der 1980er Jahre zur Welt gekommen sind. Damals war ich gerade mit dem Aufbau meines Unternehmens beschäftigt.“
Von Erich Reimannn, dpa