Von Roland Losch und Matthias Arnold, dpa
Die größte Automesse Europas findet künftig in München statt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) entschied am Dienstag, die Internationale Automobilausstellung (IAA) an der Isar auszurichten, nach fast 70 Jahren in Frankfurt am Main. Im Rennen waren neben München zuletzt noch die Metropolen Berlin und Hamburg. Die erste Münchner IAA soll Anfang September 2021 stattfinden, kurz vor dem Oktoberfest.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte: „Es war ein sehr enges Rennen.“ Aber in der Schlussrunde habe sich Bayerns Landeshauptstadt gegen Berlin und Hamburg durchgesetzt mit attraktiven Event Locations, ausgezeichneter Verkehrsinfrastruktur und Kompetenz bei der Organisation von Großveranstaltungen.
Münchener Innenstadt wird zur Bühne der IAA
In den vergangenen 70 Jahren hatte die IAA in Frankfurt stattgefunden, aber zuletzt hatte die traditionelle Autoschau massiv Aussteller und Besucher verloren. Klimaaktivisten hatten zudem für Negativschlagzeilen gesorgt. Der Bund Naturschutz (BN) kündigte am Dienstag Proteste auch in München an.
Mit der neuen IAA will der VDA von einer reinen Autoschau in den Messehallen wegkommen und auf die Bevölkerung zugehen. Sie soll sich „zu einer Mobilitätsplattform weiterentwickeln“ und einen Schub für intelligente Verkehrskonzepte und die Vernetzung der Verkehrsträger geben. München habe auch damit überzeugt, die Innenstadt zur Bühne der IAA zu machen und die Schauplätze über Vorrangspuren für umweltfreundliche Fahrzeuge mit dem Messegelände zu verbinden.
München plant allerdings auch eine im Vergleich zu Frankfurt stark verkleinerte Automesse für Fachbesucher. Statt ganzer, 11.000 Quadratmeter großer Messehallen für einzelne Autokonzerne soll es höchstens noch 2000-Quadratmeter-Stände geben. In den Fokus der neuen IAA rückt eine Eventplattform im Olympiapark und in der Innenstadt, wo das Publikum autonom fahrende Elektro- und Wasserstoffautos testen und die Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln ausprobieren kann. Dort sollen auch Kulturveranstaltungen und Diskussionsforen auch mit Kritikern sowie viele andere Events stattfinden. Besucher sollen die neuen Autos sogar bei einstündigen Rundfahrten „mit Alpenpanorama“ testen können, sagte Messechef Klaus Dittrich.
Sieben Städte wollten die Automesse austragen
Die IAA ist nicht nur eine wichtige Bühne für die deutschen Autobauer, sondern mit einer halben Million Besuchern und einer halben Milliarde Euro Umsatz auch ein Wirtschaftsfaktor. Sieben Städte hatten sich beworben – Frankfurt, Köln, Hannover und Stuttgart schieden bereits in der ersten Runde aus.
„Wir wollen das Auto der Zukunft mit alternativen Antrieben. Ziel ist die Versöhnung von Klimaschutz und Automobil.“
Ministerpräsident Markus Söder (CSU)
Für die Autostadt im Süden sprachen der internationale Flughafen, das große, moderne Messegelände und vor allem die Unterstützung von Politik und Bevölkerung. Rund 130.000 Menschen arbeiten in der Autoindustrie, zwei Drittel der Münchner unterstützen einer Umfrage zufolge die IAA in ihrer Stadt, im Stadtrat stimmten selbst die Grünen dafür, und die bayerische Staatsregierung sagte bereits 15 Millionen Euro für die Infrastruktur zu. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) twitterte nach der Entscheidung: „Wir wollen das Auto der Zukunft mit alternativen Antrieben. Ziel ist die Versöhnung von Klimaschutz und Automobil.“
Kritik und Bedenken in Bewerberstädten Berlin und Hamburg
In Berlin dagegen blieb Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) der Präsentation der Bewerbung vor dem VDA fern. Die Berliner Bürger sind laut Umfrage in Sachen IAA ebenso gespalten wie die Hamburger Bevölkerung. Das kleine Hamburger Messegelände liegt zudem direkt neben dem Schanzenviertel, wo Linksautonome beim G20-Gipfel 2017 mit Krawallen und Plünderungen weltweit Schlagzeilen machten.
München hat Erfahrung mit Großveranstaltungen wie der Sicherheitskonferenz, dem Oktoberfest oder der Baumaschinenmesse Bauma, der größten Branchenmesse der Welt. Beim VDA warb die Messegesellschaft, die die Messe künftig gemeinsam mit dem Branchenverband veranstaltet, auch mit High-Tech-Firmen wie Google, Apple, Microsoft und Amazon sowie mit Start-up-Konferenzen wie Bits & Pretzels in München.
BMW will sein Logo an der Konzernzenrale, dem Vierzylinder-Hochhaus am Olympiapark, während der IAA durch das IAA-Logo ersetzen. VW-Chef Herbert Diess wolle seine Autos ungern unter dem BMW-Hochhaus, am Sitz seines früheren Arbeitgebers und heutigen Konkurrenten präsentieren, hieß es in Branchenkreisen. Aus dem Umfeld des VW-Konzerns verlautete am Dienstag, das sei Unsinn.