Hybrid Work macht happy

Otto setzt auf Desksharing, IWG zeigt CO2 -Ersparnis, Hybrid-Worker sind am glücklichsten – und Chef*innen die größten Glückskiller.
Hybrid work
Hybrid Worker haben weniger oft ein Burnout. (© Unsplash)

Heute geht’s um die zwei wichtigsten Dinge im Leben: Glück und Klimaschutz. Ok, Liebe ist auch noch wichtig. Aber erstens gibt es dazu gerade keine aktuelle Studie und zweitens ist Liebe – zumindest originär – kein Thema für Work & Culture. Happiness und Ökobewusstsein hingegen schon, weshalb in den letzten Tagen gleich mehrere News mein Interesse geweckt haben. Aber der Reihe nach.

Mit mittelgroßem PR-Getöse hat der Otto Konzern dieser Tage sein neues Headquarter in Hamburg-Bramfeld eröffnet. Auf insgesamt 25.000 m² Arbeitsfläche befinden sich laut Pressemeldung 170 Meetingräume, drei Eventflächen, „acht große Social Spaces, die als Begegnungsstätten und Pausenräume dienen und kostenfreie Getränke bereithalten“ sowie 1.600 Arbeitsplätze für über 3.000 Mitarbeitende. Wer rechnen kann, wird sich jetzt vielleicht kurz wundern. Doch die Lösung ist einfach: Otto setzt konsequent auf Desksharing, bereits bei der Planung des neuen Headquarters wurde hybrides Arbeiten ganz bewusst mit eingepreist.

Vom Profi hört sich das dann so an: „In unserer hybriden Arbeitswelt, die Homeoffice und Präsenzarbeit effizient verbindet, braucht es mehr denn je einen Ort, an dem Menschen gerne regelmäßig zusammenkommen und gemeinsam Ideen entwickeln“, sagt Katy Roewer, Otto-Bereichsvorständin Service & HR. Mit der neuen Zentrale, so Roewer, hebe der Konzern „New Work auf ein völlig neues Level“. Natürlich. Unter einem neuen Level macht es heute niemand mehr.

Hybrides Arbeiten geht nicht mehr weg

Trotzdem oder gerade deshalb hört man im Kontext der Eröffnung auch immer wieder kritische Stimmen, die fürchten, dass das mehr als 100 Millionen Euro teure neue Otto Headquarter in Zeiten von Remote Work ein ziemlich trostloses und allenfalls halbvolles Gebäude werden könnte. Aus der Pressestelle heißt es auf meine Nachfrage dazu: „100 Prozent ausgelastet wird das neue Headquarter so schnell nicht sein, das war und ist aber auch gar nicht das Ziel.“ Realistisch gehe man bei der Auslastung mit Spitzenwerten von 80 Prozent aus. „Also deutlich mehr als nur halbvoll“, so die PR-Profis.

Tatsächlich ist Otto, wie ich finde, mit seiner neuen Zentrale ein starkes Vorbild, wie die Arbeitswelt von heute und morgen aussehen kann – und zeigt einmal mehr: Wie seinerzeit schon das Internet wird auch hybrides Arbeiten nicht mehr weggehen. Immer mehr Unternehmen gehen deshalb bereits dazu über, Chief Hybrid Officer (CHO) zu rekrutieren. Hier entsteht gerade ein interessantes neues Berufsfeld.

Öko wird zum Treiber

Treiber hinter Hybrid Work sind aber nicht nur die veränderten Bedürfnisse der Arbeitnehmenden. Auch die Umwelt freut’s – zumindest ein bisschen – wenn die Leute öfter mal im Homeoffice bleiben. IWG, ein weltweiter Anbieter von Lösungen für hybrides Arbeiten, hat dazu in einer aktuellen Untersuchung herausgefunden: Unternehmen senken ihren Energieverbrauch um bis zu einem Fünftel (19 Prozent), wenn sie „ihre Büroräume effizienter nutzen oder ihren Teams Zugang zu flexiblen Arbeitsräumen bieten“. 84 Prozent der Unternehmen, die hybrides Arbeiten nutzen, haben ihren Energieverbrauch und ihren CO2 -Fußabdruck insgesamt verringert.

Aufmerksame Leserinnen und Leser mögen nun einwenden, dass der Energieverbrauch bei Homeoffice ja nicht weg ist, sondern aufs häusliche Budget der Mitarbeitenden verschoben wird. Und das stimmt natürlich, zumindest ein Stück weit.

Aber hey. Erstens ist aus Arbeitgebendensicht hybrides Arbeiten für Ökobilanz und Kostenstruktur auf jeden Fall ein hübsches Bonbon, und zweitens spart Homeoffice ja vor allem durch den Rückgang des Pendlerverkehrs jede Menge Energie. So hat das Freiburger Öko-Institut schon 2022 errechnet, dass Berufspendler im Pandemiejahr 2021 rund 38 Milliarden Pkw-Kilometer weniger als vor Corona gefahren sind. Bei einer Ersparnis von rund 200 Gramm CO2 pro Autokilometer entspricht dies einer Reduzierung des Treibhausgases um rund acht Millionen Tonnen.

Dazu passt eine Aussage des neuen Workforce-Trendreport „The Age of Adaptability“ der ManpowerGroup. Danach zählt zu den sechs größten Job Trends 2024 – neben KI, Generationenlücke, Fair Pay, Me Economy und GenZ – auch die grüne Transformation, die in den nächsten fünf Jahren der wichtigste Jobtreiber sein würde. 62 Prozent der von Manpower befragten Arbeitnehmenden würden den Ruf eines Unternehmens in Bezug auf Umweltschutz überprüfen. „Konkrete Maßnahmen zur Umweltfrage sind für viele Arbeitnehmende (60 Prozent) ein entscheidender Faktor bei der Auswahl von Beschäftigungsmöglichkeiten“, so der Report.

Glückskiller Nummer eins: schlechte Führung

Fragt man allerdings die Glücksforscher von awork, die unsere Branche alljährlich mit einem neuen Happiness Report beglücken, ist Hybrides Arbeiten weniger ökorelevant, als vielmehr für den Happiness-Faktor der Arbeitnehmenden wichtig. In der soeben digitalfrisch erschienenen Untersuchung schafft es das Hybrid-Work-Modell auf Platz 1. 78 Prozent der Befragten, die nach diesem Modell arbeiten, zählen sich zu den glücklichsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hierzulande. Aber – und auch das gehört zur Wahrheit – von reinen Homeoffice-Arbeitern rechnen sich 77 Prozent zu den Glücklichsten und von ausschließlich im Büro arbeitenden immerhin auch satte 73 Prozent. Ob letzteres an den gestiegenen Energiekosten im Homeoffice liegt, haben die awork-Forscher leider nicht abgefragt. Ich glaube aber nicht.

Denn der größte Glückskiller im Job ist auch heute noch schlechte Führung, die 56 Prozent der Befragten beklagen. Auf Platz 2 folgt übrigens schlechte Teamkultur (48 Prozent), knapp vor fehlender Kommunikation (41 Prozent). Das einzig verblüffende daran ist, dass es auch im Jahr 2024 noch immer der menschliche Faktor ist, der einem den Spaß an der Arbeit offenbar am gründlichsten versauen kann.

Apropos: Gerade wurde bekannt, dass die Arbeitsausfälle wegen Krankheit in Deutschland 2023 so hoch wie nie waren. Bei der Techniker Krankenkasse beispielsweise kamen vergangenes Jahr im Durchschnitt 19,4 Fehltage pro Versicherten zusammen. Als wichtigste Maßnahmen, die Arbeitgebende ergreifen, um diesen Zustand zu ändern, zählt die WirtschaftsWoche in einem Beitrag unter anderem Stress- und Resilienztraining sowie Sportangebote auf.

Joggen und Yoga gegen steigende Arbeitsausfälle? Nix gegen Sport, aber vielleicht sollten Arbeitgebende doch öfter auch mal über das Auswechseln so mancher Führungskraft nachdenken.

In diesem Sinne: Eine rundum glückliche Woche – und bleiben Sie gut drauf.

ist seit mehr als 20 Jahren Journalistin, spezialisiert auf Marketing, Medien, New Work und Diversity. Sie war stellvertretende Chefredakteurin bei “Horizont”, schreibt seit 2014 als freie Autorin für diverse Wirtschafts- und Fachmedien und liebt es, als Dozentin für Fachjournalismus und Kommunikation junge Menschen für die Branche zu begeistern. Privat muss es bei ihr sportlich zugehen – am besten beim Windsurfen oder Snowboarden.