Der Modekonzern Hugo Boss braucht einen neuen Vorstandsvorsitzenden: Mark Langer verlässt das Unternehmen nach fast 18 Jahren. In den vergangenen vier Jahren war der 51-jährige Manager Boss-Vorstandschef, davor sechs Jahre lang Finanzchef. Langer bleibe noch bis 30. September im Amt und stehe dem Unternehmen darüber hinaus „aufgrund der aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie“ noch bis Ende des Jahres beratend und unterstützend zur Verfügung, heißt es in einer Mitteilung.
Mit der frühzeitigen Bekanntgabe des Wechsels an der Vorstandsspitze dürfte sich Hugo Boss eine ähnliche Hängepartie wie vor Langers Berufung im Winter und Frühjahr 2016 ersparen wollen: Damals trennte sich das Unternehmen nach mehreren Umsatzeinbrüchen und Gewinnwarnungen von Langers Vorgänger Claus-Dietrich Lahrs. Der damalige Finanzvorstand übernahm zunächst kommissarisch und wurde nach dreimonatiger erfolgloser Suche eines externen Kandidaten zum Vorstandschef befördert.
Boss-Aktie schon vor Corona auf Talfahrt
Unter Langers Führung drosselte Boss das zuvor rasante Expansionstempo mit eigenen Läden, die Verkaufspreise wurden harmonisiert, der Markenauftritt verändert und die Kosten gesenkt. „Mark Langer hat als Vorstandsvorsitzender das Unternehmen überaus erfolgreich restrukturiert und neu ausgerichtet“, wird der scheidende Aufsichtsratschef Michel Perraudin zitiert. Den angestrebten profitablen und nachhaltigen Wachstumskurs fand das Modeunternehmen unter Langers Führung allerdings nicht. Auch die Boss-Aktie war – vor der Corona-Krise im Februar – mit 40 Euro nur noch halb so viel Wert wie im Jahr 2015.
Ob der noch amtierende Vorstandschef tatsächlich, wie am Montag angekündigt, erst Ende September das Ruder an einen noch zu findenden Nachfolger übergibt, muss man sehen. Es ist vermutlich auch davon abhängig, wie schnell der Aufsichtsrat um seinen künftigen Vorsitzenden Hermann Waldemar einen geeigneten Kandidaten findet und welche strategische Ausrichtung das in Teilen neue zusammengestellte Gremium für das Unternehmen befürwortet. In der Vergangenheit hatte es auch unter den Investoren wiederholt Kontroversen darüber gegeben, ob der Konzern stärker auf das Luxussegment oder auf den Bereich Damenmode setzen sollte.
Die Aufgabe für den neuen Chef wird alles andere als leicht: In Folge der weltweiten Corona-Pandemie musste das Unternehmen zuletzt zahlreiche seiner Filialen vorübergehend schließen und seine Umsatz- und Ergebnisprognose für 2020 zurücknehmen.
Aktivistischer Investor für Manager aus der Luxusbranche
Zudem rumort es im Umfeld des M-Dax-Konzerns seit dem Einstieg des aktivistischen Finanzinvestors, dem Fonds Bluebell Capital Partners. Dessen Gründer, der frühere Bulgari-Chef und Louis-Vuitton-Manager Francesco Trapani, hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er Langer für den falschen Mann an der Boss-Spitze hält. In einem Interview mit der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“ beschrieb Trapani bereits Anfang März, was ein möglicher Nachfolger mitbringen sollte: „Es sollte ein Top-Manager sein, der vom Produkt oder der Kommunikation kommt. Und eben nicht aus der Finanz oder der Logistik. Selbst wenn Hugo Boss nicht für Luxus, sondern für Affordable Luxury steht, wäre ein Manager aus der Luxusbranche nicht verkehrt.“
Auch wenn damit nicht alle Kriterien dieser „Wunschliste“ erfüllt wären, scheint auch diesmal eine interne Lösung nicht gänzlich ausgeschlossen. So hat das Unternehmen erst vor gut zwei Wochen bekanntgegeben, dass der frühere Tom-Tailor-Chef und Adidas-Manager Heiko Schäfer im März in den Boss-Vorstand einziehen soll, um dort die Bereiche Beschaffung, Produktion, Nachhaltigkeit und Qualitätsmanagement zu übernehmen.