Homeoffice nach der Krise: Debatte um neue Regeln

Corona lässt das Homeoffice boomen. Doch vor überlangem Arbeiten sind die Beschäftigten nicht unbedingt geschützt. Kommen im Herbst neue Regeln auf Unternehmen und Beschäftigte zu?
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Homeoffice im Fokus: "Wir brauchen die Flexibilität, das im Leben so einzubauen, dass die Arbeit stärker zum Leben passt und nicht umgekehrt." (© Markus Winkler (Unsplash))

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Arbeitnehmer beim Homeoffice besser vor überlangen Arbeitszeiten schützen. Der Koalition steht damit neuer Knatsch ins Haus. Die FDP warnt bereits vor starren Regeln.

„Wir müssen darüber reden, welchen Rechtsrahmen wir für mobiles Arbeiten brauchen“, sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Aufpassen müssen wir, dass es nicht zur Entgrenzung von Arbeit, zur Verfügbarkeit rund um die Uhr führt und Arbeitsschutz ausgehöhlt wird.“

Nach einer am vergangenen Mittwoch präsentierten Studie der DAK-Gesundheit haben viele Arbeitnehmer während der Corona-Krise Gefallen am Homeoffice gefunden. 76,9 Prozent der Beschäftigten, die erst seither regelmäßig von der eigenen Wohnung aus arbeiten, wollen diese Arbeitsform auch in Zukunft zumindest teils beibehalten.

Heil sagte: „Das Zusammenspiel von Arbeit und Leben muss flexibler möglich werden, ohne dass es dabei Einbußen bei der Sicherheit gibt.“ Er bekräftigte, diese Debatte im Herbst anstoßen zu wollen. „Da geht um die Frage, ob wir aus den Erfahrungen der Corona-Krise lernen“, so Heil. „Wir haben jetzt einen ungewollten Großversuch mit Homeoffice erlebt.“

Homeoffice: moderner Rechtsrahmen vs. Überregulierung

Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel nannte einen modernen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten „absolut überfällig“, warnte aber vor zu viel Regulierung. Nötig seien ein Recht auf Homeoffice und eine Aufhebung der „starre Grenze der täglichen Höchstarbeitszeit“.

Gegen ein neues Recht darauf, von zu Hause aus zu arbeiten, hatte sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bereits im Mai gewandt. „Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, nicht immer neue staatliche Garantien“, hatte er der dpa gesagt.

Heil argumentiert nun, viele Bürgerinnen und Bürger hätten Homeoffice nicht als romantisch empfunden. „Da wo Homeschooling und Homeoffice zusammen absolviert werden mussten, war das für Eltern eine erhebliche Zumutung – ich weiß, wovon ich rede“, sagte er. „Aber andere haben auch erlebt, dass mehr Flexibilität möglich ist als früher behauptet.“

Der SPD-Politiker sagte, nicht überall sei Homeoffice möglich. „Man kann als Bäcker die Brötchen nicht von zuhause aus backen.“ Aber es gebe andere Bereiche, in denen sich Beschäftigte wünschten, mehr mobil von zu Hause aus arbeiten zu können.

Nach einer Studie des arbeitgebernahen Instituts IW arbeiteten in Deutschland Ende 2018 etwa 14,8 Millionen Menschen in Büros. Rund 46 Prozent der Bürobeschäftigten arbeiteten aber bereits in den Jahren 2017/2018 zumindest gelegentlich von zu Hause aus. Bei weiteren 39 Prozent lag der Studie zufolge das Potenzial für Homeoffice vor.

Arbeitszeiten an Lebensverlauf anpassen

„Bei der Frage der Flexibilität von Arbeitszeiten müssen wir mehr über den Lebensverlauf reden“, sagte Heil zudem. „Viele junge Menschen wollen nach einer Ausbildung meistens richtig loslegen.“ Wenn Kinder geboren werden, wollten die Eltern oft ein bisschen weniger arbeiten. „Es gibt auch Phasen, in denen auch mal das Bedürfnis nach Freizeit für sich und die Familie stärker in den Vordergrund rückt.“ Oder man wolle die Zeit nutzen zur Qualifizierung und Weiterbildung. Heil: „Wir brauchen die Flexibilität, das im Leben so einzubauen, dass die Arbeit stärker zum Leben passt und nicht umgekehrt.“

he/dpa