Es war nur ein Nebensatz, doch er reichte, um eine ganze Branche durchzuschütteln. „Wir sind mit Optimismus in 2019 gestartet, obwohl wir eine holprige Fahrt im ersten Quartal erwarten“, skizzierte Publicis-CEO Arthur Sadoun seinen Ausblick im Rahmen der neusten Konzernbilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr.
Die Botschaft war so ernüchternd wie das Zahlenwerk. Im Gesamtjahr 2018 konnte der 1926 gegründete Werbe-Pionier, zu dem die Agenturenklassiker Saatchi & Saatchi und Leo Burnett gehören, gerade noch ein kosmetisches Umsatzplus von 0,1 Prozent auf Erlöse von 8,97 Milliarden Euro ausweisen. Im Weihnachtsquartal gab es gar ein marginales Umsatzminus von 0,3 Prozent zu beklagen, während Analysten noch von einem Plus in Höhe von 2,5 Prozent ausgegangen waren.
FMCG-Markt belastet
Der seit Mitte 2017 agierende CEO Arthur Sadoun machte zum Teil die Schwäche im Bereich der Produkte des täglichen Bedarfs (Fast Moving Consumer Goods – kurz: FMCG) verantwortlich. „Wir haben unter dem stärker als erwarteten Schwund in der klassischen Werbung gelitten, vor allem bei FMCG-Kunden in den USA“, gab Sadoun zu.
Andererseits belastet zweifellos der Werbe-Paradigmenwechsel, durch den immer öfter Anzeigengelder von den Digitalgiganten Google, Facebook und Amazon aufgesogen werden, die Unternehmen durch die Vielzahl der gesammelten Daten inzwischen ein gezielteres Werbeerlebnis anbieten können.
Zunehmend strukturelle Probleme in der Werbebranche
„Kunden reduzieren den Arbeitsumfang mit Agenturen“, fasst Kepler Capital Markets-Analyst Conor O’Shea das Branchendilemma gegenüber dem Finanzinformationsdienst Bloomberg zusammen. „Die wichtigen Anzeigenkunden geben weniger Geld aus. Das wird zunehmend zu einem strukturellen Problem der Branche“, geht Analyst Marcus Diebel von J.P. Morgan unisono vom einer eingetrübten Zukunftsperspektive der Werbewirtschaft aus.
„Es liegt viel Arbeit vor Publicis, wenn sie ein organisches Umsatzwachstum von 4 Prozent in 2020 erreichen wollen“, äußert sich Bloomberg-Analyst Matthew Bloxham skeptisch und nennt die Zielmarke für das nächste Jahr „ambitioniert“.
Größter Crash seit 18 Jahren – Sog-Wirkung für die werbetreibende Branche
Die Reaktionen an den Kapitalmärkten ließen unterdessen nicht lange auf sich warten. Aktien von Publicis gingen gestern an der Pariser Börse in den freien Fall über und verloren bis Ende des Handelstages satte 15 Prozent an Wert. Der größte Kursturz seit den Terrorattacken am 9. September 2001 radierte beim französischen Werberiesen mehr als 1,5 Milliarden Euro an Börsenwert aus.
Im Sog von Publicis wurden auch die Anteilsscheine von Branchenprimus WPP mit einem Minus von 8 Prozent hart abverkauft. Und mehr noch: Auch die konjunktursensitiven Unternehmen aus der Medienbranche, die maßgeblich am Tropf der Anzeigenzuflüsse hängen, gaben gestern deutlich nach. Aktien von Ströer notierten um 3 Prozent schwächer, die RTL Group gab um 4 Prozent nach, während ProSiebenSat.1 gar um 5 Prozent einbrach.