Hoffnung bei Thomas Cook ruht auf Traditionsmarke Neckermann

Die Mitarbeiter von Thomas Cook in Deutschland hatten bis zuletzt auf eine Rettung der britischen Mutter gehofft. Jetzt geht es um ihre Zukunft und die der Traditionsmarke Neckermann. Deren Wurzel reichen zurück in die Sechzigerjahre.
Übersteht die Traditionsmarke Neckermann die Insolvenz des britischen Mutterkonzerns? (© Imago)

Der insolvente deutsche Reiseveranstalter Thomas Cook hofft auf einen Neustart unter der Traditionsmarke Neckermann Reisen. „Ich sehe gute Chancen, die glorreiche Vergangenheit wiederzubeleben“, sagte Stefanie Berk, Geschäftsführerin der deutschen Thomas Cook. Neckermann sei nach wie vor die volumenstärkste Reisemarke des Unternehmens in Deutschland. „Es muss uns allerdings gelingen, verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen“, sagte Berk. „Wir alle bei Thomas Cook, aber auch bei der Zurich Versicherung versuchen, unsere betroffenen Kunden so viel wie möglich zu unterstützen.“

Die Tradition von Neckermann reicht zurück in die Sechzigerjahre: Der Reiseveranstalter wurde als Neckermann und Reisen GmbH & Co (NUR) vom Versandhaus-Unternehmer Josef Neckermann gegründet. Ende der 70er Jahre erwarb Karstadt die Mehrheit am gesamten Neckermann-Konzern. NUR vertrieb seine Reisen exklusiv in den Karstadt-Warenhäusern und stieg schnell zum deutschen Marktführer für Fernreisen auf. Mitte der Neunziger Jahre brachte das Unternehmen fast fünf Millionen Menschen in den Urlaub und erzielte einen Umsatz von umgerechnet fast 2,5 Milliarden Euro.

Die Lufthansa und Karstadt führten die NUR Touristic schließlich mit der Fluglinie Condor zusammen. Die neu entstandene C&N Touristic wurde zum großen Konkurrenten für den Reiseveranstalter TUI und wuchs um die Jahrtausendwende durch die Übernahme der britischen Thomas Cook Holding zu einem der größten Reiseveranstalter weltweit. Die Marke Thomas Cook – bis dahin nur als Unternehmensname sowie im Vertriebs- und Servicebereich der Briten genutzt – wurde nach der Übernahme in allen Märkten und auf allen Ebenen der touristischen Wertschöpfungskette des neu entstandenen Konzerns eingesetzt. Das bedeutete, dass Thomas Cook auch in Deutschland als Veranstalter eingeführt wurde und die Ferienfluggesellschaften mit einem neuen Design zum Imageträger wurden. Der Konzern geriet allerdings schon früh in finanzielle Schieflage.

Deutsche Tochter gerät in Sog der Pleite der Konzernmutter

Die deutsche Thomas Cook, zu der unter anderem Neckermann Reisen, Öger Tours und Bucher Reisen gehören, war zuletzt in den Sog der Pleite des britschen Mutterkonzerns geraten. Mitte vergangener Woche stellten drei deutsche Thomas-Cook-Gesellschaften Insolvenzantrag. Die Zurich Deutschland hat Urlaub und Rückreise der Thomas-Cook-Kunden abgesichert. „Nach dem ersten Schock überwiegt bei unseren Mitarbeitern inzwischen die Hoffnung“, sagte Berk. Alle seien bemüht, die Folgen für die Kunden so gering wie möglich zu halten und sie umfassend zu informieren.

„Die Situation für die rund 2000 Beschäftigten ist hart, aber man merkt Aufbruchstimmung“, berichtete Berk. „Der Auftritt der vorläufigen Insolvenzverwalter vergangene Woche auf der Betriebsversammlung hat den Eindruck hinterlassen, dass die Sanierung gelingen kann.“ Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind den Angaben zufolge bis Ende November 2019 durch das Insolvenzgeld gesichert.

Überbrückungskredit beantragt und Investor gesucht

Der Reiseveranstalter hofft auch auf staatliche Unterstützung und hat beim Bund und beim Land Hessen einen Überbrückungskredit beantragt. „Dieser soll uns die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs ermöglichen, parallel dazu werden Gespräche mit Investoren geführt.“

Die Beschäftigten in Deutschland hatten Berk zufolge bis zuletzt auf eine Rettung des Mutterkonzerns gehofft. „Die Abfolge der Ereignisse war so nicht erwartet worden. Es war ein Schock für die Mitarbeiter.“ Berk zufolge war eine Einigung in wesentlichen Punkten erreicht worden. „Doch in der Schlussphase sind die Verhandlungen gescheitert.“ Zu den genauen Gründen wollte sich die Managerin nicht äußern. Die britische Thomas Cook hatte mit Investoren über eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Millionen Pfund verhandelt.

Die Reisebranche als solche sieht Berk weiterhin auf Wachstumskurs. „Das Bedürfnis zu reisen ist nach wie vor stark und ungebremst.“

dpa/tht

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