Filterblasen sind eine unschöne Sache: Wenn sich Konsumenten Algorithmen anvertrauen, werden sie oft emotional eingeschläfert und wachen in ihrer eigenen Welt auf: In einer Wahrnehmungsblase, in der Bilder, Texte, Musik, Nachrichten und alle anderen digitalen Informationen von einem Algorithmus gefiltert werden – passend zum jeweiligen Nutzerprofil. Auch Werbung gehört dazu. Wer sich für Regenjacken interessiert, sieht ebenfalls die Anzeige mit den Wetterstiefeln und vielleicht sogar den Regenschirm mit dem innovativen Aufklapp- und Zuschnapp-Mechanismus. Bitte wecken Sie mich, wenn es vorbei ist.
Für die Macher der aktuellen Fnac-Kampagne sind gelangweilte Konsumenten Anlass genug, Neues zu wagen. Fnac ist eine französische Einzelhandelskette und hat es sich auf die Fahnen geschrieben, ihre Kunden zu inspirieren und zu stimulieren. Entsprechend lautet der Claim der aktuellen Kampagne „Vom Algorithmus nicht empfohlen“. Publicis Conseil hat diese herrlich erfrischende Anti-Personalisierungskampagne umgesetzt.
Den Empfehlungsmechanismus umgedreht
Es wurden beispielsweise digitale Banner entwickelt, um das Gegenteil von dem zu empfehlen, was mathematische Formeln sonst empfohlen hätten. Basierend auf echten Datenprofilen von Publisher-Ad-Servern hat Fnac Inhalte angeboten, die den Leuten nur mit einer Wahrscheinlichkeit von maximal zwei Prozent (!) gefallen. Die Anzeigen wurden von der Mediaagentur Havas Media auf Nachrichten- und Kulturwebsites platziert. Und anstatt Bestseller anzupreisen, veröffentlichte auf Social Media ein Twitter-Bot unter dem Hashtag #UnrecommendedByAlgorithm Tweets mit Inhalten, die eher das Gegenteil von dem sind, was üblicherweise dort gelikt und geteilt wird. Abgerundet wurde das Ganze mit einer Printkampagne. Letztlich möchte die Einzelhandelskette mit dieser Aktion auch betonen, was das Einkaufen in ihren Filialen einzigartig macht: das Wissen und der kulturelle Hintergrund der Fnac-Berater.
Die Kampagne zeigt, dass man der Empfehlungsblase der Algorithmen entkommen kann. Statt immer zielgenauer zu targeten und den Konsumenten in ihren eigenen Bubbles immer mühsamer ergänzende Käufe abzuringen, können Überraschungsmomente völlig neue Horizonte öffnen. Liebe Marketer, wir bräuchten bitte mehr von solchen Wachmachern.
Schon gehört?
Eine erste Brand-Safety-Lösung für mehr Markensicherheit im Podcast Advertising wollen Integral Ad Science und Spotify auf den Weg bringen. Dazu gehen die Marketing-Tech-Firma und der Audio-Streaminganbieter jetzt eine strategische Partnerschaft ein. Die Mediaagentur UM Worldwide soll die neue Lösung als erste Holdinggesellschaft testen und Teil des Lern- und Entwicklungsprozesses sein.
Neue Wege geht auch Dussmann das KulturKaufhaus. Der Medienhändler setzt für das digitale Marketing jetzt die Martech-Plattform des Customer-Experience-Anbieters Mapp ein. Die KI-getriebene Plattform „Mapp Cloud“ soll Kunden-Insights liefern und online für ein besseres Nutzerverständnis sorgen. Ein zugehöriges Analytics-Modul soll dem Medienkaufhaus dabei helfen, das volle Potenzial seiner First-Party-Daten für ein zielgenaues Marketing abzurufen.
Neben technischen Innovationen wird von Anbietern auch verstärkt ein verantwortliches Handeln erwartet. Nachhaltigkeit ist in der Marketing-Tech-Szene daher immer wieder ein Thema. PubMatic lässt den Diskussionen jetzt Taten folgen. Der Werbetechnologie-Anbieter betreibt von nun an seine Rechenzentren weltweit zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien.
Übrigens: Falls Sie sich schon einmal gefragt haben, wie ein McDonalds im Art Déco Style aussehen würde: Die künstliche Intelligenz „DALL E 2“ hat passende Ideen. Das KI-System kreiert realistische Bilder auf Basis einer schriftlichen Beschreibung. Was damit alles möglich ist, zeigt ein Video auf YouTube, dessen Zugriffe grad durch die Decke gehen (1,8 Millionen Aufrufe in nur vier Wochen).
In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!