Der Handelsverband hat direkte Finanzhilfen auch für mittelständische Einzelhändler gefordert. Zudem seien Entlastungen bei Mietzahlungen und haftungsfreie Kredite nötig, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das am Mittwoch beschlossene Hilfspaket der Bundesregierung erreiche die Mittelständler nur indirekt und zu langsam.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir ein Vierteljahr ohne Kunden, ohne Umsatz im Einzelhandel überleben können.“
Stefan Genth, HDE-Hauptgeschäftsführer
Durch die Schließung der Geschäfte „ist uns die Geschäftsgrundlage entzogen worden. Aber alle Kosten – insbesondere die Mieten, die etwa in den Innenstädten sehr hoch sind – laufen weiter“, sagte Genth. Hilfen dürften nicht erst in vier Wochen fließen, sondern müssten in den nächsten Tagen ankommen.
Monatelange Beschränkungen wären „Fiasko“ für Händler
Kredite zu beantragen dauere zu lang, kritisierte Genth. Hausbanken, die sich einem „Ansturm“ ausgesetzt sähen, machten zudem Probleme: Es könne nicht sein, dass ein Modeunternehmer von seiner Bank aufgefordert werde, zuerst sein Privathaus zu verkaufen, bevor er einen Kredit bekomme – für den er dann nur 40 Prozent Haftungsfreiheit zugesichert bekomme, sagte Genth. Schließlich sei auch der mittelständische Einzelhandel unverschuldet in die Krise geraten.
Sollten die Beschränkungen noch monatelang nötig sein, wäre das ein Fiasko, sagte Genth. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir ein Vierteljahr ohne Kunden, ohne Umsatz im Einzelhandel überleben können.“ Grundsätzlich begrüßte der Verband die Hilfen der Bundesregierung. Nur müssten die Wege, wie sie den Mittelstand erreichen, noch einmal geprüft werden. In dem Hilfspaket sei viel Geld drin, „aber der Mittelstand muss es auch bekommen“, sagte Genth.
Händler-Initiative fordert Erleichterungen bei Darlehen
Auch die in der Vorwoche gegründete Initiative „Händler helfen Händlern“ hat am Mittwochabend in einer gemeinsamen Erklärung dargestellt, dass ihr die aktuell vorgestellten Maßnahmen nicht weit genug gehen und häufig an noch nicht ausreichend geklärten bürokratischen Hürden wie zum Beispiel Ratingverfahren und fehlenden inhaltlichen Rahmenbedingungen der Hilfsprogramme scheitern.
In Zusammenarbeit mit den großen deutschen Handelsverbänden HDE, Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh), Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), dem IFH Köln und dem Kompetenzzentrum Handel formuliert die Initiative Forderungen an die Bundesregierung für pragmatische Lösungen und finanzielle Mittel für die vom Lockdown betroffenen Unternehmen im Handel, darunter zins- und für drei Jahre tilgungsfreie Betriebsmitteldarlehen, eine 90-prozentige Haftungsfreistellung und den Verzicht auf den Nachweis der positiven Fortführungsprognose.
Durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Ladenschließungen sei der Handel unverschuldet in eine Schieflage geraten. „Die Vertreter der Handelsverbände setzen sich gemeinsam dafür ein, dass die finanziellen Hilfen jetzt zielführend und pragmatisch den betroffenen Unternehmen zugeführt werden, die die Existenz mittelfristig sicherstellt“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative. Laut Marcus Diekmann, Geschäftsführer von Rose Bikes und Mitinitiator von „Händler helfen Händlern“, hatten sich der Initiative bis Mitte dieser Woche bereits mehr als 900 Unternehmen angeschlossen.
dpa/tht/vh