Mit dem Wirtschaftsclub haben Sie ein ehrgeiziges Projekt gestartet. Nun gibt es im Digitalen schon Xing, LinkedIn, im Offline-Bereich Rotary oder Lions. Wollen Sie noch eine Community aufbauen?
GABOR STEINGART: Communities kann man nicht aufbauen – sie müssen schon vorhanden sein. Ein Medium kann sie nur sichtbar- und erlebbar machen. Die Gemeinschaft derer, für die Wirtschaft kein Fach, sondern eine Lebenseinstellung ist, bildet den Kern unserer Community. Die Kunst besteht darin, diese Menschen miteinander zu vernetzten und ihnen einen journalistischen Mehrwert durch Tiefe und Präzision zu bieten.
In erster Linie gibt es reichlich Mehrwert für die Mitglieder, was aber der grundlegende Gedanke hinter ihrer Club-Idee?
Der Wirtschaftsclub ist unsere strategische Antwort auf die Veränderungen in der Medienbranche. Konkret heißt das: Mit dem Club bieten wir Journalismus gleichberechtigt in drei Darreichungsformen: Print, digital und live. Damit sind wir besser gewappnet gegen disruptive Prozesse – und auch vorbereitet auf den Tag, an dem die gedruckte Zeitung womöglich nicht mehr gefragt oder geschlossene journalistische Produkte obsolet sein sollten. Der Club definiert das Handelsblatt neu – als Gemeinschaft von wirtschaftlich Interessierten, die sich informieren, inspirieren und vernetzen wollen.
Was bedeutet das für die künftigen Aktivitäten Ihres Medienhauses?
Wir verabschieden uns vom publizistischen Frontalunterricht, die Inhalte wechseln von lesbar zu erlebbar, wir transformieren Leserschaft in Partnerschaft, wir gehen vom ich zum wir. Die Zeitung neuen Typs aktiviert und inspiriert, und vernetzt die Leser auch untereinander.
Das klingt visionär. Wie wollen Sie diesen Anspruch in die Realität umsetzen?
In Zukunft werden wir vor allem den Bereich des Live-Journalismus weiter ausbauen. Die Leser schätzen lebendigen Journalismus und die Kombination aus Wissen, Inspiration und Begegnung. Live-Journalismus sind nicht Festvorträge und öde Podiumsdiskussionen, sondern bedeutet auf offener Bühne Austausch, Widerspruch und die Orchestrierung von multimedialen Inhalten, Film, Musik und Sprache. Der ökonomische Vorteil: Aus Live-Journalismus lassen sich sowohl für Print als auch für Digital publizistische Mehrwerte schöpfen.
Was heißt das konkret?
Unsere Mitglieder erhalten Zugang zu rund 200 exklusiven Veranstaltungen, an denen sie kostenlos oder zu Verzugspreisen teilnehmen können. Zudem organisieren wir regelmäßig regionale Club-Gespräche, bei denen die Mitglieder die Möglichkeit zum persönlichen Austausch mit Redakteuren und anderen Clubmitgliedern erhalten. Mit der Versendung der Clubkarten werden darüber hinaus alle Mitglieder zu unserer großen Club-Launchparty am 30. April im Berliner Tempodrom eingeladen. Ein weiteres Highlight wird das Deutschland-Dinner am 24. März in New York sein, das in Kooperation mit dem American Counsil on Germany stattfindet. Zu Gast sind Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg und der US-Vordenker und Publizist Ian Bremmer.
Das ist ein ziemlich voller Terminkalender und sicherlich auch ein hoher organisatorischer Aufwand. Welche Wachstumsziele haben Sie sich vor diesem Hintergrund für die Mitgliederzahlen gesetzt?
Der Handelsblatt Wirtschaftsclub startet mit 120.000 Mitgliedern, im Frühjahr folgt der WirtschaftsWoche Club mit rund 100.000 Mitgliedern. Die Leser unserer Fachzeitschriften – Der Betrieb, die absatzwirtschaft etc. – werden nach und nach einbezogen. Jeder neue Käufer eines Digitalpasses – wir verkaufen pro Woche rund 300 – wird automatisch und kostenfrei Clubmitglied. Wir bilden also vom Start weg den größten deutschen Businessclub. Ich sehe langfristig ein Potenzial von bis zu einer halben Million Mitglieder.
Weitere Details zum neuen Wirtschaftsclub finden Sie hier.
Anmerkung: MEEDIA ist ein Tochterunternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt.