Wie ernst haben die Unternehmen es eigentlich gemeint mit ihren Haltungskampagnen rund um Nachhaltigkeit, Diversität oder Body-Unshaming? Sind sie damit doch nur auf einen Trend aufgesprungen, weil es gerade en vogue war?
Meta, McDonald’s, Amazon und weitere Konzerne zogen nach der Trump-Wahl ihre Diversitätsprogramme zurück, um der konservativen bis rechten Politik Abbitte zu leisten. Auch solche Programme sind Werbung – sie wegzulassen, ist sowohl eine Botschaft als auch eine (mangelnde) Haltung.
Und auch in Deutschland kündigen Rechte an, unser Land, sagen wir, zu „Entdiversifizieren“. Vielfalt ist bei ihnen nicht erwünscht. Wie werden hier die – mittelständischen – Unternehmen reagieren, falls es zum Schlimmsten kommt? Werden sie auch auf Nummer sicher gehen, in der Hoffnung, dass das Schweigen sich nicht rächt?
Zeitenende statt Zeitenwende?
Zugegeben, die Menschen sind auch in Deutschland krisengebeutelt und haben zum Teil existenzielle Nöte. Das Vertrauen in Politik? Am Boden. Religion? Für viele passé. Es mangelt an Zuversicht und Hoffnung. Ausgerechnet eine rechtspopulistische Partei liefert für (zu) viele das einzige relevante Zukunftsbild.
Doch es gibt auch heimliche Hoffnungsträger: die Unternehmen. Auf die haben die Menschen in den letzten Jahren mehr oder weniger bewusst gesetzt. Sie haben sich von ihnen Angebote und Anregungen erhofft im Umgang mit relevanten, gesellschaftlichen Themen. Sie haben Werbung danach bewertet, ob sie für den eigenen Alltag und die Bewältigung der Multikrisen einen Mehrwert liefert. Einige Unternehmen konnten sich in die Herzen der Menschen werben, allein, weil sie nicht einfach auf Sendepause gedrückt haben.
Haltung ist nicht gleich Haltung
Wichtig ist den Menschen, dass die Unternehmen nicht aufgeben, wenn es brenzlig wird. Denn gerade unter Druck zeigt sich Haltung. Nicht, wenn es schick ist, für Diversität einzustehen. Die eigenen Werte bei Gegenwind aufzugeben, bedeutet, keine Werte zu haben.
Kippen aber die großen Unternehmen, fällt es Menschen immer schwerer, ihre eigene Zuversicht zu bewahren. Sie haben Sorge, ihre eigene Zukunft dann erst recht nicht mitgestalten zu können. „Wenn die Unternehmen aufgeben“, hören wir in den Tiefeninterviews, „wie soll ich dann noch etwas bewegen können?“ Zaudern die Großen, besetzen die Rechtspopulisten das Vakuum. Hier können sich die Unternehmen nicht aus der Verantwortung stehlen.
Zukunft gestalten, statt Vertrauen zu verspielen
Werbetreibende Unternehmen haben die Wahl: Entweder sie nutzen das in sie gesetzte Vertrauen für die Gestaltung einer wertvollen Zukunftsvision, mit der sie echte Zuversicht schaffen. Oder sie lassen diese einmalige Chance liegen und verspielen das Vertrauen.
Ob sie auf die Menschen setzen oder deren Hoffnung im entscheidenden Moment lieber politischen Winden opfern. Es bleibt abzuwarten, was den Unternehmen ihre Werte wert sind. Eine Entscheidung gegen die Menschen dürfte sich jedoch rächen, denn einmal verspieltes Vertrauen ist doppelt so schwer wieder aufzubauen, als es überhaupt zu erlangen.