EU-Taxonomie, ausgeweitete Berichtspflichten, Lieferkettengesetz. Während Unternehmen mit immer strengeren Anforderungen konfrontiert werden, findet unter Verbraucher*innen ein bemerkenswerter Stimmungswandel statt: Klimaschutz wird zunehmend als Bedrohung für die Wirtschaft wahrgenommen. Darüber hinaus haben die letzten anderthalb Jahre die deutsche Bevölkerung preissensibel gemacht, die Rolle der Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen lässt nach. Ist Grün in dieser Gemengelage überhaupt noch ein gutes Verkaufsargument? Eine aktuelle Civey-Kurzstudie hat 500 Expert*innen aus den Bereichen Marketing, Medien, Kommunikation und PR dazu befragt.
Nachhaltigkeit als Hygienefaktor
Mehr als alles andere gilt Nachhaltigkeit trotz des zu beobachtenden Imagewandels in der Gesellschaft weiter als Reputationshebel. Die Hälfte der Befragten findet, dass man mit solchen Inhalten das Ansehen einer Organisation verbessern kann. Die breite Öffentlichkeit wird daher als wichtigste Zielgruppe genannt, gefolgt von Investor*innen und Bewerber*innen.
Für den Vertriebserfolg spielt das Thema jedoch eine weniger wichtige Rolle. Nur drei von zehn Fachleuten sehen Nachhaltigkeit als relevant an für B2C- und B2B-Kunden. Ein Teil sieht in Green Marketing zwar Möglichkeiten, Kund*innen zu binden oder neue zu gewinnen. Unterm Strich aber scheint Nachhaltigkeit zunehmend zum Hygienefaktor zu werden: Es lässt sich nicht allzu viel damit gewinnen, geht aber auch nicht ohne.
Angst vor Greenwashing-Vorwürfen
Die Profis zeigen sich zudem verunsichert: Jede*r Zweite hat Angst vor Greenwashing-Vorwürfen. Wie weit das führen kann, lässt sich am Begriff „Greenhushing“ festmachen. Um sich vor Angriffen – egal von welcher Seite – zu schützen, schweigen manche Unternehmen mittlerweile lieber gleich über ihre grünen Bemühungen. Ein Viertel fürchtet zudem, dass entsprechende Marketingaktivitäten für (mögliche) Kund*innen irrelevant sind. Was noch dazukommt: Viele Marketingfachleute fühlen sich auf dem Themengebiet inhaltlich gar nicht sicher genug.
Es kommt auf die eigene Zielgruppe an
Wer sichergehen will, wie die eigene Zielgruppe zu Green Marketing steht, dem helfen tiefergehende Daten. Entscheidet ein Unternehmen sich auf dieser Basis für Nachhaltigkeitskommunikation, sollte es klären, in welchen Maßnahmen es sich auch tatsächlich hervortut. Hier sagt mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie auf interne Einsparungen als Thema setzen. Auch Produktaspekte stellen sie nach vorne, beispielsweise nachhaltige Verpackungen, das gesellschaftliche Engagement und der eigene Umgang mit Mobilität und Energie im Unternehmen.