Googles Macht schwindet  

Das Suchmaschinenmarketing erlebt einen Umbruch wie nie. Mächtige Player drängen in den Markt und Googles Macht schwindet zusehends. Künstliche Intelligenz pusht diese Entwicklung zusätzlich.
Google Logo, verschwommen auf einem PC Bildschirm Feature PC, Computer, Google, am 04.01.2017 in Siegen/Deutschland. -  - Google emblem blurred on a PC Screen Feature PC Computer Google at 04 01 2017 in Siegen Germany
Googles einstige Vormachtstellung beginnt angesichts neuer Konkurrenz zu verblassen. (© Imago)

Die digitale Werbebranche ist vieles – aber eines ist sie ganz sicher nicht: langweilig. Erst vor wenigen Wochen habe ich im Tech Tuesday an dieser Stelle über das Aufsehen berichtet, dass TikTok im Suchmaschinenmarkt verursacht hat. Der Aufreger: Die Videoplattform hat ein keywordbasiertes Suchmaschinenmarketing eingeführt. Eine Werbemöglichkeit, wie man sie von Google kennt. Nun geht der Umbruch im Search-Markt weiter. Diesmal ist es Meta, das mit seinen Plänen aufhorchen lässt.  

Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf The Information berichtet, arbeitet Meta Platforms an einer eigenen Suchmaschine, die auf Künstlicher Intelligenz basiert. Der Mutterkonzern von Facebook und Instagram möchte mit der neuen Suchmaschine die Abhängigkeit von Google und Microsoft Bing auf seinen Plattformen verringern. Dem Bericht zufolge wird der neue Webcrawler auf Meta AI zurückgreifen. Die hauseigene Meta-KI treibt bereits einen Chatbot des Unternehmens an, der auf WhatsApp, Instagram und Facebook eingesetzt wird. Dort hilft das Tool den Nutzer*innen, Inhalte zu erstellen oder beantwortet Fragen.  

KI-Suchmaschinen befeuern Wettbewerb 

Im Suchmaschinenmarkt dürfte nun ein Kampf um die besten KI-gestützten Antworten entbrennen. Google hat sein neuestes und leistungsstärkstes KI-Modell, Gemini, bereits in die Suche integriert, um sie intuitiver zu gestalten und bessere Ergebnisse zu liefern. Microsoft nutzt für seinen Co-Piloten in Bing die KI-Technologie von OpenAI. Mit Meta wäre ein weiterer mächtiger Player am Start. Europäische Anbieter sind übrigens nicht in Sicht. Damit fließen europäische Werbegelder weiter in die Tech-Entwicklungsabteilungen jenseits des Atlantiks. Schade, denn die Suche ist nach wie vor ein lukrativer Werbemarkt und technische Innovationen würden auch den Europäern guttun.  

Dass Google noch immer mehr als 90 Prozent des Such-Traffics auf sich vereint, spiegelt sich jedoch längst nicht mehr in den Werbeeinnahmen aus der Suchwortvermarktung wider. Insbesondere Amazon macht dem einstigen Platzhirsch zu schaffen, da sich der Online-Marktplatz bereits als die Nummer eins für die Produktsuche etabliert hat. Den Marktforschern von eMarketer zufolge wachsen Amazons Einnahmen aus der Suchvermarktung in diesem Jahr in den USA um 17,6 Prozent und damit schneller als die von Google, welche lediglich um 7,6 Prozent zulegen. Amazons Anteil an den gesamten Ausgaben für Suchmaschinenanzeigen wird in den USA demnach in diesem Jahr auf 22,3 Prozent steigen, während der von Google auf 50,5 Prozent sinkt. Für 2025 prognostiziert eMarketer, dass Google erstmals weniger als 50 Prozent Anteil am US-amerikanischen Suchmaschinenwerbemarkt haben wird. Reine Antwortmaschinen wie Perplexity werden den Druck auf Google weiter erhöhen. 

Schon gehört? 

Zwei deutsche Hidden Champions aus dem Tech-Sektor haben sich zusammengetan. Für einen siebenstelligen Betrag übernimmt der Marketingplattform-Anbieter Marcapo 15 Prozent des deutschen KI-Startups Hase & Igel. Damit führen die inhabergeführten Unternehmen Marketing-Technologie und Künstliche Intelligenz zusammen. Das erklärte Ziel der beiden Mittelständler: Markenführung und Vertrieb über alle Stufen hinweg aus einem Guss steuern. Die kombinierten Angebote der beiden Firmen sind nach eigenen Aussagen bereits bei mehreren Großunternehmen im Einsatz. Das Investment von Marcapo will Hase & Igel nutzen, um das internationale Wachstum zu beschleunigen. 

Auf Wachstumskurs ist auch Commerce Media. Es ist einer von fünf Trends, den das AI Data Cloud-Unternehmen Snowflake in seinem aktuellen Marketing Tech Report ermittelt hat. Commerce Media erweitert das Spektrum der Retail-Medien, indem First-Party-Daten zur gezielten Werbung innerhalb eines geschlossenen Ökosystems genutzt werden. Dieser Ansatz ermöglicht es Unternehmen, ihre Kundendaten datenschutzkonform für gezielte Werbung zu nutzen. Die hohen Gewinnspannen bei digitaler Werbung und die Möglichkeit, Datenschutz-Anforderungen mit Hilfe von Data-Clean-Rooms zu erfüllen, verstärken laut Snowflake diesen Trend weiter. Der „Modern Marketing Data Stack“-Bericht des AI Data Cloud-Unternehmens beleuchtet im dritten Jahr in Folge die beliebtesten Technologien, Tools und Plattformen für die Datennutzung im Marketing. Grundlage des Reports sind die Nutzungsdaten von rund 9800 Snowflake-Kunden. 

Übrigens: Wann haben Sie zum letzten Mal im Videotext geworben? Noch nie? Sie dachten, der Kanal ist tot? Nein, ist er keinesfalls. Einer Analyse des Vergleichsportals Verivox zufolge nutzt knapp die Hälfte der Deutschen beim Fernsehen das seit 1980 bestehende Teletext-Format. 

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.