Googles „Alphabet“: Warum man sich den neuen Namen hätte sparen können

Während Konzerne wie Procter & Gamble oder Unilever versuchen, ihre Unternehmensmarken mit sogenannten Dachmarken-Werbekampagnen bei den Konsumenten bekannter zu machen und zu stärken, geht man bei Google den genau gegenteiligen Weg. Nicht die klügste Entscheidung, findet Markenstratege und Gastautor Michael Brandtner. Ein Kommentar
Der Web-Gigant Google erfindet sich neu: Unter einer Holding namens Alphabet spaltet es sich in Tochterfirmen auf

Am Montag, dem 10. August, verkündete Google-CEO Larry Page, dass er und Google-Mitbegründer Sergey Brin Alphabet als Unternehmensholding etabliert haben. Alphabet Inc. ersetzt so Google Inc.. Google wird somit eine Tochtermarke unter dieser neuen Holding und bekommt auch mit Sundar Pichai einen neuen CEO. Der Zweck dahinter ist, dass man so eine „anonyme“ Holdingmarke schafft, unter der dann verschiedenste Marken und Unternehmen mit verschiedensten Schwerpunkten, vom selbstfahrenden Auto über Drohnenlieferdienste bis hin zu intelligenten Kontaktlinsen für Diabetiker positioniert werden können.

Von Apple lernen

Auf den ersten Blick erscheint das logisch, aber es gibt einen besseren Weg aus Markensicht. Dazu sollte man einen Blick auf Apple unter Steve Jobs werfen. Dieser baute seit 2001 Apple konsequent zu einer extrem bekannten Unternehmensmarke um, unter der es extrem bekannte Produktmarken wie iPod, iPhone, iPad oder iTunes gibt. (Aktuell kommt Tim Cook mit Markengebilden a la Apple Watch oder Apple Music vom Kurs ab.)

Auch Google hatte bereits jetzt sehr erfolgreiche eigenständige Marken wie etwa YouTube, Android oder Nest unter dem eigenen Markendach. So wird es für viele interessierte Kunden auch immer wichtiger, wer hinter den Produktmarken steht, die man kauft. Genau deshalb starten aktuell Konzerne wie etwa Procter oder Unilever Werbekampagnen für ihre Konzernmarken. Das war und ist auch ein Vorteil von VW gegenüber GM. Beide Automobilkonzerne fahren ganz klar eine Mehr-Marken-Strategie. Während bei General Motors dabei das eher anonyme GM über dem Ganzen steht, ist VW sowohl als Konzern- als auch als Produktmarke klar positioniert. Dies sollte und könnte man auch bei Beiersdorf bedenken. So würde Beiersdorf aus meiner Warte sowohl beim Aktienkurs als auch als Konzernmarke in Summe massiv an Wert zulegen, wenn man sich in Nivea AG umtaufen würde. (Nebenbei wäre man so über Nacht auch ein noch viel attraktiverer Arbeitsgeber.)

Selektiv und fokussiert vorgehen

Aber noch ein großer Vorteil wäre es, wenn Google auch Konzernmarke geblieben wäre, denn dann würde man wahrscheinlich in der Auswahl der zukünftigen Geschäftsfelder selektiver vorgehen. Man würde sich genau überlegen, was zu einer Konzernmarke Google passt und was nicht. Mit Alphabet schafft man sich anscheinend eine Spielwiese, unter der man so gut wie alles ausprobieren kann. Nur das ist heute in unserem Hyper-Wettbewerb meist keine gute Idee. Kurzfristig jubeln vor allem auch die Börsianer über die neue „grenzenlose“ Konzernholding.

Nur langfristig gesehen wäre eine fokussierte Google-Konzernholding rund um die weltweit führende Suchmaschine wahrscheinlich der bessere Weg. Dazu kommt: Alphabet wird immer nur die Holding von Google bleiben. So gesehen hätte man sich diesen Namen sparen können, um das Ganze gleich Google Holding oder Google Group zu nennen, um dann darunter in ausgewählten Geschäftsfeldern neue Marken und Unternehmen zu positionieren. Fazit: Es macht sicher Sinn, den Konzern (auch aus Markensicht) klarer zu strukturieren, aber dazu benötigt es weder einen Namen wie Alphabet noch einen anderen Kunstnamen.

Markenstratege Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionierung in Rohrbach, OÖ, Associate of Ries & Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“. Mehr von ihm, gibt es auf seinem Blog www.brandtneronbranding.com.