Googelst du noch oder bingst du schon? 

Im Wettlauf um die KI-gestützte Suche der Zukunft möchte Google mit „Bard“ Boden auf Microsoft gutmachen. Im Clinch von Twitter und Threads darf sich die Threads-Konzernmutter Meta über rasant wachsende Nutzerzahlen freuen.
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Das Wettrennen um die KI-gestützte Internetsuche läuft. (© Unsplash)

„Schnell ist besser als langsam.“ Das ist Punkt drei der Firmenphilosophie von Google. Entsprechend war der Suchmaschinen-Gigant in den vergangenen Jahren auch als Vorreiter und Innovator bekannt. Wer etwas im Netz suchte, schaute bei Google nach. Das Verb „googeln“ steht sogar im Duden und wird synonym für die Online-Suche verwendet. Doch wie lange noch? Werden wir künftig „bingen“? Im Wettlauf um die KI-gestützte Suche hat Konkurrent Microsoft den erfolgsverwöhnten Kaliforniern den Rang abgelaufen. 

Schon frühzeitig investierte Microsoft in den ChatGPT-Entwickler OpenAI und sicherte sich dadurch Zugang zu dieser Technologie – zu einer Technologie, welche die Art der Informationssuche – insbesondere online – tiefgreifend ändert. Google verbummelte den Start, nun läuft man der Konkurrenz aus Redmond hinterher. Bereits im Februar integrierte Microsoft den KI-Chat in seine neue Bing-Suche und nur zwei Monate später meldete der Konzern, dass die KI-Suche mehr als eine halbe Milliarde Mal genutzt wurde. Google ist nicht so schnell. Erst seit vergangener Woche ist Googles KI-Chatbot Bard endlich auch in Deutschland verfügbar. Wann und wie Bard in die Google-Suche integriert wird, ist unbekannt.  

Bard liest vor und erkennt Bilder 

Um den Rückstand wettzumachen, versucht Google mit besonderen Features zu punkten: So kann Bard seinen Nutzer*innen die Antworten auch vorlesen oder Informationen über Bilder liefern. Wer zum Beispiel eine passende Beschreibung zu einem Bild sucht, schreibt ein paar Prompts und lädt das Foto hoch. Um die passende Antwort zu geben, kombiniert Google die Funktionalität von Bard mit seiner Bilderkennung Google Lens. Auch umgekehrt soll es künftig funktionieren: Wer Bard eine Frage stellt, dem werden dann neben der Text-Antwort passende Bilder angezeigt. Das ist nett, aber keine Killer-Applikation. 

Bisher kann Bard nur über die Google-Oberfläche genutzt und nicht via Schnittstelle angebunden werden. ChatGPT hingegen bietet eine kostenpflichtige API, über die Entwickler*innen ChatGPT in ihre Anwendungen oder Dienste integrieren können. Microsoft denkt auch intensiv über die Vermarktung nach. Mit seiner „Ads for Chat-API“ hat der Konzern bereits eine Anzeigenlösung am Start, die Onlinediensten, Apps und Publishern dabei helfen soll, Chats zu monetarisieren – sowohl auf Plattformen von Microsoft als auch von anderen Unternehmen. 

Dass Bard endlich auch in Europa verfügbar ist, war für Google ein wichtiger Schritt im Rennen um die Zukunft der Onlinesuche. Doch der Vorsprung von Microsoft ist noch immer sehr groß. 

Um aufzuholen, muss Bard nun vor allem bei den Nutzer*innen punkten. Bei den Kolleg*innen vom Fachmagazin Golem ist der Chatbot in einem ersten Hands-on allerdings durchgefallen. Nach vielen falschen Informationen und fehlenden Quellenangaben sieht man Bard im aktuellen Zustand dort nicht als ein praktisch nutzbares Tool an – und hofft auf Nachbesserung. 

Schon gehört? 

Beim Twitter-Konkurrent Threads explodieren die Nutzerzahlen. Sieben Prozent der US-Amerikaner*innen haben bereits einen Account beim neuen Kurzmitteilungsdienst, so eine aktuelle Umfrage, die Ipsos zwischen dem 7. und 9. Juli durchgeführt hat. Darüber hinaus gaben 13 Prozent der Befragten an, Threads in den kommenden Wochen testen zu wollen. Threads ist in mehr als 100 Ländern verfügbar – nur in Europa nicht – und soll weltweit bereits 100 Millionen Nutzer*innen haben. Auch wenn die Plattform hierzulande aus Datenschutzbedenken noch nicht gestartet ist: Was man über das Marketing auf Threads wissen sollte, können Sie auf Martech.org nachlesen. 

Übrigens: Könnte sich der Erfolg von Mark Zuckerbergs Threads auch auf das Flugverhalten seines Widersachers und Twitter-Chefs Elon Musk auswirken? Denkbar wäre es. Einer, der genau das beobachtet, ist Jack Sweeney. Der 20-jährige US-Amerikaner betreibt auf Threads den Account @elonmusksjet und veröffentlicht dort die Flugbewegung von Musk‘ Privat-Jet. Dazu nutzt er öffentlich zugängliche Flugdaten. Auf Twitter wurde ihm der Account gesperrt – von Musk persönlich. 

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.