Intersnack Deutschland bekommt den Negativpreis „Goldener Windbeutel“. 28 Prozent von insgesamt knapp 50.000 Teilnehmer*innen wählten die Pom-Bär Ofen-Minis der Kölner Marke zur „dreistesten Werbelüge“ des Jahres. Das gab die Organisation Foodwatch Anfang dieser Woche bekannt, die den Preis seit zwölf Jahren vergibt.
Sie kritisiert die Werbung von Intersnack, denn diese spricht von „50 Prozent weniger Fett“. Damit erwecke man einen gesünderen Eindruck, so Foodwatch. Dabei enthalten die Pom-Bär Ofen-Minis sechsmal so viel Zucker wie die gewöhnlichen Pom-Bären. „Intersnack will mit seinen fettreduzierten Chips offenbar gesundheitsbewusste Eltern ansprechen – und verschweigt den hohen Zuckergehalt der Ofen-Pom-Bären“, urteilt Rauna Bindewald von Foodwatch.
Goldener Windbeutel – nur heiße Luft?
Doch undurchsichtige Inhaltsangaben sind nicht der einzige Hintergrund des Negativpreises. Häufige Auslöser sind außerdem verschwiegene Preissteigerungen oder überzogene Klimaversprechen. Auf die Kritik von Foodwatch reagieren die Marken meist mit Unverständnis und Ablehnung. Oft rechtfertigen sie ihre Werbung, selten verändern sie ihre Produkte. Wie wirksam kann der Goldene Windbeutel also sein?
Zumindest in der öffentlichen Debatte kriegen die jeweiligen Marken ihr Fett weg. Auf die Preisverleihung folgte bei einigen Marken schon ein ordentlicher Shitstorm auf Social Media. Immerhin dort hallt die Kritik von Foodwatch oftmals nach. Ob Verbraucher*innen deswegen nicht mehr zu den jeweiligen Produkten greifen, ist allerdings zu bezweifeln.
Ehemalige Preisträger beugen sich der Kritik
Nach der Auszeichnung als „Goldener Windbeutel“ haben manche Marken aber tatsächlich etwas geändert. 2021 verlieh Foodwatch den Negativpreis an Rewe für ein Hähnchenbrustfilet, das als „klimaneutral“ gelabelt war. Die Bezeichnung beruhte einzig und allein auf Kompensation von CO2-Emissionen durch Förderung fragwürdiger Projekte. Seit einiger Zeit verwendet Rewe die Bezeichnung „klimaneutral“ nicht mehr. Ebenso kooperiert der Lebensmittelhändler nicht mehr mit ClimatePartner, der Firma, die die Zertifikate anbietet. Das scheint nicht nur pure Einsicht zu sein, denn ClimatePartner & Co. sind aktuell ohnehin in der Kritik.
Für den vorigen „Preisträger“ zeigt sich ein ähnliches Muster. 2020 geriet der Käseproduzent Hochland in die Kritik, weil er auf einer Verpackung von „Freilaufkühen“ sprach. Laut Foodwatch suggeriert der Begriff einen Weidezugang. Das ließ sich die Organisation auch von einer Umfrage unter Verbraucher*innen bestätigen: 78 Prozent der Befragten berichteten von dieser Assoziation. Hochland hingegen wehrte die Kritik mit der Anmerkung ab, der Begriff sei faktisch korrekt. Schließlich spricht er nicht direkt von Weidezugang. Schlussendlich aber ist die Marke aus dem Allgäu der Kritik nachgekommen. Inzwischen verwendet sie die Bezeichnung nicht mehr.
Marken fürchten die Nominierung
2019 ging der Goldene Windbeutel an Zwergenwiese. Kritisiert wurde die Kinder-Tomatensauce des Bio-Produzenten, da sie viel Zucker enthielt. Als erste Marke überhaupt nahm Zwergenwiese den Preis an. Im Anschluss gab sie bekannt, den Zuckergehalt reduzieren zu wollen. Darüber hinaus kündigte sie eine Überprüfung aller Kinderlebensmittel an.
Über die Bezeichnung als „Goldener Windbeutel“ freuen sich Marken jedenfalls sicher nicht. Schon die reine Nominierung kann sie manchmal zur Veränderung bringen. 2017 beispielsweise verlieh Foodwatch den Preis an Alete. Die Marke für Babynahrung verkaufte einen Keks als „babygerecht“ – trotz eines vergleichsweise hohen Zuckergehalts. Im Nachgang entschuldigte sich die Marke dafür und strich den Zusatz von der Packung. Auch anderswo brachte die Nominierung den Stein ins Rollen. Rossmann nämlich nahm ein ähnliches Produkt aus dem Sortiment.
Vom diesjährigen Preisträger Intersnack gibt es derzeit nichts Derartiges zu berichten. Mit Blick auf die ehemaligen Nominierten muss der Hersteller aber mit einem Image-Verlust rechnen. Sollte er darauf nicht reagieren, dürfte das der Marke Pom-Bär kaum zuträglich sein.