Gibt es optimale Verkaufsfenster für Kino, Kauf-DVD und Verleih?

Manch einer wunderte sich: Ben Stillers Hit-Komödie Nachts im Museum verschwand trotz eines Spitzenplatzes in den Charts aus den Kinos. Das Produktionsstudio 20th Century Fox hatte angekündigt, die DVD des Films bereits nach rund drei Monaten zu veröffentlichen.

Der Streit um kürzere Filmverwertungsfenster eskaliert. Jetzt zeigt ein internationales Forschungsteam, dass sowohl Filmstudios als auch deutsche Kinos von kürzeren Fenstern stark profitieren – US-Kinos dagegen müssen um ihre Existenz fürchten. Die Forscher befragten 1 770 Personen in Deutschland, den USA und Japan zu deren Filmpräferenzen und werteten die Antworten mit einer innovativen experimentellen Methode aus.

Ihre Ergebnisse legen nahe, dass – Studios in Deutschland und in Japan ihre Einnahmen um 14 Prozent beziehungsweise 12 Prozent steigern können, wenn sie neue Spielfilme als Kauf-DVD bereits drei Monate nach dem Kinostart veröffentlichen und erst nach einem Jahr als Leih-DVD und als Video-on-Demand-Angebot (VOD) auf den Markt bringen. Neben den Filmproduzenten würden auch die Kinobetreiber (Umsatzanstieg von 14 Prozent) und vor allem die Einzelhändler (Umsatzanstieg bei DVD-Verkäufen von knapp 30 Prozent) profitieren.

Die Videotheken wären die großen Verlierer: Bei einer solchen Neuordnung müssten sie Umsatzeinbußen von rund einem Drittel der gegenwärtigen Umsätze hinnehmen. In den USA würde eine zeitgleiche Veröffentlichung von neuen Filmen im Kino, in Videotheken und als Video-on-Demand-Angebot, gefolgt von einer Veröffentlichung als Kauf-DVD nach drei Monaten die Einnahmen der Studios maximieren. Ein solches Szenario bedeutet weitgehend das Ende der gegenwärtigen „sequentiellen Distribution“ über verschiedene Verwertungsfenster. Filmstudios würden den Berechnungen der Forscher zufolge ihre Einnahmen um mehr als 16 prozent steigern, der DVD-Verkaufsumsatz würde sich nahezu verdoppeln, während die Kinoeinnahmen um mehr als 40 Prozent absinken.

„Wir geben keine Empfehlungen, sondern betrachten, was passieren würde, wenn Dinge anders gemacht würden als heute. Dabei nehmen wir die Perspektive der Filmstudios ein, da diese das Herstellungsrisiko tragen“, kommentiert Professor Thorsten Hennig-Thurau von der Fakultät Medien an der Bauhaus-Universität Weimar. Er weist aber auch darauf hin, dass die Berechnungen die möglicherweise mit einer Veränderung der Distributionskette verbundenen Kosten nicht berücksichtigen: „Schäden, die durch Boykotte und Imageverluste verursacht werden, lassen sich nicht seriös antizipieren – aber sie müssen natürlich berücksichtigt werden, wenn konkrete Änderungen angedacht werden“.

Die Forscher suchten daher auch nach „Win-Win“-Konstellationen: In Deutschland würde ein Vorziehen des DVD-Verkaufsfensters auf 3 Monate bei einem geringfügig höherem Verkaufspreis, einem gleichzeitigen Beibehalten des 6-Monatsfensters für Videotheken und einem 12-Monatsfenster für VOD die Studioumsätze um knapp 8 Prozent steigern, die Kino-, Videotheken- und VOD-Umsätze unangetastet lassen und die Umsätze der Einzelhändler durch Verkauf-DVDs um knapp 20 Prozent erhöhen. In den USA sollte die VOD-Veröffentlichung bereits nach 6 Monaten erfolgen. Die Studios gewännen 7 Prozent hinzu, die Kinoumsätze blieben auf dem heutigen Stand.

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