Datenanalyse: GfK rollt auf Händler konzipierte KI-Plattform aus

Mit "gfknewron for Retail" bringen die Marktforscher von GfK eine digitale Plattform an den Start, die Informationen über Märkte, Wettbewerber und Verbraucher in einer zentralen Datenbank zusammenführt.
Technikfach­händler sollen mithilfe einer KI neue Umsatzpotenziale entdecken und erschließen können. (© Unsplash / Andras Vas)

Einkaufsgewohnheiten, Kund*innenansprüche und Produkttrends wandeln sich schneller denn je. Ganz nach Stimmung und Bedarf, kann der Verlauf der Customer-Journey bei jedem Kauf unterschiedlich sein. Um mit der Entwicklung Schritt zu halten, müssen Händler mit wachsender Geschwindigkeit datenbasierte Entscheidungen treffen, die die strategische Planung, die Preissetzung oder die optimale Ansprache von Zielgruppen an kanalübergreifenden Touchpoints betreffen.

Statt jedoch immer mehr Markt-, Marken- und Konsumentendaten zu sammeln, geht es für Handelsunternehmen heute zunehmend darum, aus der sinnvollen Verknüpfung der vorhandenen Daten in Echtzeit neue Zusammenhänge herzustellen – und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Vor rund einem Jahr launchte GfK – zunächst für ­Hersteller – die digitale Datenplattform gfknewron, die alle relevanten Daten im Bereich der technischen Gebrauchsgüter – die Segmentpalette reicht von Smartphones und Laptops bis hin zu Staubsaugern und Waschmaschinen – in einer Datenquelle zusammenführt und mithilfe künstlicher Intelligenz kombiniert. Als klassisches Marktforschungsinstitut groß geworden, wollen sich die Nürnberger zu einem Beratungs- und Datenanalyse-Unternehmen weiterentwickeln. Nun rollt GfK in Deutschland mit zunächst gut 200 teilnehmenden Handelsunternehmen eine speziell für die Bedürfnisse von Händlern konzipierte Plattformvariante aus: gfknewron for Retail.

360-Grad-Marktüberblick

Die Anwendung vernetzt Befragungsdaten tatsächlicher Käufer*innen technischer Gebrauchsgüter über die gesamte Customer-Journey hinweg mit Abverkaufsdaten. Diese erhält GfK per Schnittstelle zu den Warenwirtschaftssystemen von insgesamt rund 130 000 kooperierenden Händlern weltweit – davon 2 000 in Österreich und Deutschland – teilweise tagesaktuell und auf Einzelartikelebene. Per intuitiv zu bedienendem Dashboard können Mitarbeiter*innen der GfK-Partnerhändler abteilungsübergreifend immer und von überall aus auf die in der Cloud betriebene Software-as-a-Service-Anwendung zugreifen. „Unser erklärtes Ziel ist es, dass die Entscheider*innen im Handel über alle Business-Units hinweg von unserer Plattform profitieren“, sagt Oliver Schmitz, der den Bereich Retail bei GfK in Deutschland und Österreich verantwortet. So soll Silobildung vorgebeugt und datendemokratisches Denken im Unternehmen gefördert werden.

„Wie entwickeln sich die Umsätze einzelner Marken, Kategorien und Produkte im Non-Food-Markt im Vergleich zu meiner eigenen Performance? Welche Zielgruppe interessiert sich für ein bestimmtes Produkt, eine bestimmte Marke oder bestimmte Händler? Warum hat sie bei diesen gekauft? Welche Anforderungen hat die Zielgruppe und welche Touchpoints nutzt sie? Wo haben die Online- und Offlinebesucher*innen eingekauft, wenn sie nicht bei mir eingekauft haben, und warum konnte ich diese Kund*innen nicht konvertieren? Auf diese und viele weitere Fragen finden Händler mithilfe von gfknewron for Retail konkrete Antworten“, sagt Schmitz. „Sie erhalten einen 360-Grad-Überblick über die eigene Geschäftsentwicklung und die des Gesamtmarkts.“

Hilfe fürs Category-Management

So kann sich ein Händler im Dashboard etwa – Schmitz führt es mit ein paar Mausklicks vor – anzeigen lassen, bei welchen Produkten, Marken, Produktmerkmalen oder auch Preissegmenten er im Vergleich zum Gesamtmarkt und dem eigenen Fair-Share noch Stärken, Schwächen und Potenziale hat. Ein Klick auf den Filter für den deutschen Markt eröffnet einem CEO Blicke auf das Marktvolumen in Relation zum eigenen Umsatzanteil oder die Durchschnittspreise des Wettbewerbs im Vergleich zu den eigenen. Klick für Klick geht Schmitz tiefer in die Analyse – und die ist mit weiteren Fragen und Problemstellungen verbunden. „Auf der Category-Ebene kann sich der Category-Manager beispielsweise die Gesamtmarktentwicklung in der Kategorie Fernsehgeräte anschauen. Wie entwickelt sich mein Anteil daran – auch im Vergleich zu meinen Umsatzanteilen in anderen Kategorien? Wie beeinflussen der Preis oder die Zahl der verkauften Einheiten die Entwicklung? Welche Marken, Preissegmente oder Produktfeatures werden am meisten gekauft? Von wem und wo?“

Wenn das Umsatzpotenzial für eine Kategorie bekannt ist, kann der Händler dieses mit der eigenen Potenzialausschöpfung über die Kategorien hinweg sowie mit der Konkurrenz vergleichen. Die Datenbank unterstützt auch beim Rückblick auf frühere Entscheidungen und deren Auswirkungen in der Kategorie. So lässt sich die Strategie anhand zahlreicher Daten valide neu ausrichten. Einem Händler für eher preisgünstige Fernseher, der künftig auch im Premiumsegment mitmischen möchte, liefert die Plattform soziografische Informationen über die Kunden höherpreisiger Wettbewerber im Stationär- oder Onlinehandel und deren Renner im TV-Angebot.

KI-Modul geht 2023 online

Die Plattform bietet Abonnenten drei Module. „Market“ basiert auf den Daten des GfK-Handelspanels, das von den GfK-Partnerunternehmen gespeist wird. Mit der Anwendung lässt sich die Performance im Vergleich zum weltweiten und nationalen Wettbewerb messen. „Consumer“ hilft bei der Zielgruppenanalyse und Strategieplanung vor dem Hintergrund des sich wandelnden Verbraucherverhaltens. Wer kauft wo und warum? „Predict“ nutzen bereits Hersteller technischer Gebrauchsgüter, die gfknewron gebucht haben; für den Handel gehe das Modul im Laufe des nächsten Jahres online, sagt Schmitz. Es geht dabei um KI-gestützte Prognosen und Empfehlungen, die das Pricing, die Marktentwicklung und Promotions betreffen. Simulationen sollen dabei helfen, die Auswirkungen von Maßnahmen einzuschätzen.

Händler, die im Rahmen des internationalen Partnerprogramms mit GfK Daten teilen, können Basisfunktionen der Plattform kostenlos nutzen. Für die Zubuchung eines Moduls bezahlen die Partner eine Jahresgebühr ab etwa 30 000 Euro. Die Funktionsumfänge der Module will GfK schrittweise mit neuen Onlinetools erweitern. 

Dieser Text erschien zuerst im Handelsjournal 4-2022.