Herr Weber, die Folgen der Pandemie haben regionale Werbeträger zum Teil erheblich gespürt. Werden sie sich wieder erholen?
Kino hat extrem unter der Pandemie gelitten, ebenso die Anzeigenblätter. Bei denen liegt der Fall aber anders. Corona hat da lediglich einen Effekt beschleunigt. Die Anzeigenblätter befanden sich bereits zuvor im Abwärtstrend. Diese Gattung wird sich eher nicht erholen.
Und Kino?
Durch die vielen neuen Filme läuft auch das Kinowerbegeschäft gut an. Im Vergleich zum Ansturm der Besucher sind die Werbebuchungen aber noch verhalten. Werbetreibende haben den Kanal Kino in ihren Budgets für 2021 nur wenig bis gar nicht eingeplant.
Wie steht es um die regionalen Tageszeitungen?
Viele haben durch die Pandemie an Relevanz und Auflage gewonnen. Schwer einzuschätzen, wie es weitergeht, wenn wieder Normalität herrscht. In der jüngeren Zielgruppe ist es für die Regionalzeitung schwierig, weil sich bereits journalistische Konkurrenz auf Kanälen wie Instagram etabliert hat.
Out-of-Home-Werbung ist während der Coronakrise eingebrochen.
Ja, ist aber seit den Lockerungen wieder auf dem Vormarsch. Die Menschen haben Shopping- und Event-Bedarf und sind verstärkt unterwegs. Die Nutzung geht wieder auf das alte Niveau hoch, die Verfügbarkeiten werden knapper. Für die Vorweihnachtszeit ist es jetzt schon schwierig, OOH-Werbung noch einzubuchen.
Werden die Verwerfungen durch Corona den Markt regionaler Medien und Werbeträger dauerhaft verändern?
Corona ist definitiv ein Treiber der Medienwelt, auch für die regionalen Medien. Gewinner sind eindeutig der Kanal Out-of-Home mit der Verknüpfung zu digitalem Out-of-Home sowie Audio-Formate. Für nachhaltige Veränderungen sorgt am Ende aber ganz klar die Digitalisierung. Sie eröffnet dem regionalen Marketing immer neue Möglichkeiten, bis hin zur klassischen TV-Präsenz, die dank Smart TVs regional ausgesteuert werden kann.
Studien besagen, dass den Menschen Regionalität und Nähe, auch lokale Produkte, wichtiger geworden sind. Zeigt sich das im Kaufverhalten und in der Mediennutzung?
Ja, es ist aufgefallen, dass lokale Händler immer mehr in den Fokus der Verbraucher gerückt sind und stärker frequentiert wurden. Laut HDE Online-Monitor 2021 ist es für 58 Prozent der Befragten auch nach Corona eine Option, mittels Click & Collect einzukaufen. Unsere eigene „Fridays for Future“-Studie 2021 wird zeigen, dass fast jeder Zweite in der jungen Zielgruppe den regionalen Handel nach Corona gestärkt sieht.
Das Thema Addressable TV gewinnt an Beachtung, das Konzept ist nachvollziehbar. Jedoch: Viele Menschen sind ohnehin von TV-Werbung genervt. Wie geht es da weiter?
Die Genervtheit von Werbung im TV gab es schon immer. Sie nimmt nicht zu, nur weil im Hintergrund eine technische Raffinesse zum Einsatz kommt. Durch ATV können Werbespots zu bestimmten Themen an eine bestimmte Zielgruppe ausgespielt werden – und das auch noch innerhalb einer bestimmten Region. Diese Menschen, denen der TV-Spot ausgestrahlt wird, merken gar nicht, dass nur sie diese Werbung sehen und ihre Nachbarn zum Beispiel nicht. Auf diese Weise können auch Händler, die ein Produkt nur in einer Region anbieten können, Verbraucher in der bestimmten Region ansprechen. ATV wird deswegen im Media-Mix wichtiger.
Dieses Interview ist auch als Teil eines Schwerpunktes zum regionalen Marketing im Printmagazin der absatzwirtschaft, das Sie hier abonnieren können.