Noch immer gibt es zahlreiche Produkte in zweifacher Ausführung. Einmal für Jungs und einmal für Mädchen. Die Vergabe des Goldenen Zaunpfahls soll Unternehmen anregen, ihre Marketingstrategie zu überdenken. Der Preis soll auf paradoxes Gender-Marketing aufmerksam machen und eine öffentliche Diskussion anstoßen. Menschen sollen darüber ins Gespräch kommen und unbewusste Vorurteile und ihr Geschlechterrollenverständnis reflektieren und hinterfragen.
Der Preis für absurdes Gender-Marketing wurde von Almut Schnerring, Sascha Verlan und Anke Domscheit-Berg ins Leben gerufen. Almut Schnerring und Sascha Verlan veröffentlichten 2014 ihr Buch „Rosa-Hellblau-Falle: Für eine Kindheit ohne Rollenklischees“ und schreiben gemeinsam für ihren gleichnamigen Blog. Beide setzen sich sowohl beruflich als auch privat unter anderem mit den Themen Geschlechtergerechtigkeit, Rollenstereotype und Zugehörigkeit auseinander.
Klischees gibt es zur Genüge
Über das ganze Jahr verteilt können Beiträge beim Team des Goldenen Zaunpfahls eingereicht werden. Klischees gibt es zur Genüge: Ob es die Mutter am Herd und der Vater am Grill ist oder der Sohn mit Schwert und die Tochter mit Puppen spielend. Beispiele kann jeder über die Internetseite oder in den sozialen Medien unter dem Hashtag #goldenerzaunpfahl posten. Alle Einsendungen werden im sogenannten „Gruselkabinett“ gesammelt. Ein Blick hinein zeigt: Den Rollenklischees sind keine Grenzen gesetzt. Hier ist alles zu finden, von den Tassen für „echte Helden“ und dem Duschgel für „kleine Prinzessinnen“ über Minibesen- und Staubsauger für junge Mädchen bis hin zum „Managermüsli“.
Aus den Einreichungen werden sieben Beiträge, die sogenannten „Unrühmlichen 7“, von einer Jury nominiert. Diese bestimmt dann den Gewinner des jeweiligen Jahres. Die Jury wird jedes Jahr neu aus Akteur*innen und Stiftungen ausgewählt, die sich mit Rollenbildern beschäftigen.
Gekürte Gewinner
Die ersten „Gewinner“ des Negativpreises im Jahr 2017 waren zwei Bücher des Klett-Verlags: „Geschichten für Jungs zum Lesenlernen“ und „Geschichten für Mädchen zum Lesenlernen“. 2018 macht der Barbie-Experimentierkasten von Kosmos das Rennen. 2019 gewann ein Onlinespiel für Mädchen namens „Toilette putzen“. Auf dem Vorschaubild ist eine Hand mit rosa Handschuh zu sehen. Sie hält eine rosa Klobürste und putzt eine Toilette, deren Deckel welche Farbe hat? Richtig: rosa.
Die Marke Topmodel landete 2020 auf dem ersten Platz und ein Jahr darauf die gesamte Produktpalette der Drogeriemarktkette dm. Hier gibt es zahlreiche Produkte in zweifacher Ausführung: Von Duschgel für Traumwölkchen vs. Monsterwellen, Prinzessinnen vs. Piraten, Zaubersauber vs. Superhelden bis hin zu Lätzchen und Trinkflaschen für kleine Kinder, die die klassischen Rollenbilder aufrechterhalten. Preisträger 2022 war das Onlinespiel „Bibi und Tina: Reiterferien“. Darin besitzt man sein eigenes Pferd und erledigt Aufgaben auf dem Reiterhof. Doch wo liegt das Problem? Die Erstellung der Avatare ist geprägt von Rollenklischees. Es ist gar nicht möglich, einen männlichen Charakter auszuwählen, geschweige denn einen nichtbinären.
Reaktionen der Unternehmen
In den letzten Jahren sei es vermehrt zum Austausch mit den jeweiligen Unternehmen gekommen, so Sascha Verlan. 2017 sah das noch anders aus. „Im ersten Jahr sind wir komplett ignoriert worden“, sagt der Mitgründer des Preises. Manche Unternehmen reagieren mittlerweile auf Nominierungen, jedoch meist nicht öffentlich. So soll die dm-Geschäftsführung auf ihre Nominierung im Jahr 2021 mit der Begründung reagiert haben, dass sie die Kaufentscheidung ihren Kund*innen überlassen wollen und sie sich bei der Gestaltung ihres Sortiments an den Bedürfnissen ihrer Kunden und Kundinnen orientieren würde.
Die Verleihung des Negativpreises 2023 findet im November erneut in den Räumlichkeiten des Kabarett-Theaters Distel in Berlin statt. Welches Unternehmen in diesem Jahr den ersten Platz ergattert, wird sich zeigen.