Gen Z-Mythen: Warum sie dem Marketing auch schaden können  

Die diesjährigen Best Brands haben untersucht, welche Marken in der Gen Z besonders gut ankommen. Dabei wurden auch zahlreiche Mythen über die Generation aufgedeckt – und widerlegt. Petra Süptitz vom Marktforscher NIQ/GfK erklärt im Interview, wie Marken diese Erkenntnisse für sich nutzen können.
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Petra Süptitz ist Syndicated Solutions Leader DACH bei NIQ/GfK. (© NIQ)

Frau Süptitz, die diesjährige Best-Brands-Studie nimmt erstmalig auch die Gen Z ins Visier und kürt Marken aus dem Bereich Food & Beverages, die hier besonders erfolgreich sind. Was hat Sie an den Ergebnissen am meisten überrascht? 

Es war überraschend zu sehen, dass sich einige der beliebtesten Marken der Gen Z gar nicht so stark von denen anderer Generationen unterscheiden. Es gibt viele Gemeinsamkeiten: Marken wie Barilla, Alnatura oder Magnum kommen sowohl in der Gen Z als auch in der Nicht-Gen-Z sehr gut an. Das zeigt, dass die Generationen gar nicht so weit auseinanderliegen, wie viele oft denken. Einige Marken mit langer Tradition werden von Generation zu Generation weitergegeben. 

Was machen diese Marken denn richtig? 

Sie gehen mit der Zeit und greifen den Zeitgeist sehr gut auf. Sie sprechen die Wünsche und Bedürfnisse der Gen Z an – über Humor, Lebensfreude und Spaß, also das, was den jungen Menschen wichtig ist. Auch das Thema „Experience“ wird wieder wichtiger, und diese Marken bedienen das besonders gut. Und: Sie nutzen Social Media richtungweisend.  

Drei Viertel der Gen Z sind täglich in den sozialen Medien unterwegs. Erfolgreiche Marken schaffen es, sich dort authentisch zu zeigen. Es reicht nicht, nur präsent zu sein und sich anzubiedern – das Konzept muss zur Marke passen und glaubwürdig sein. Viele gehen mit der Community in den Dialog, allein das macht die Authentizität aus. Den Marken gelingt es, den Lifestyle der jungen Generation widerzuspiegeln. Sie stehen für Spaß und Lebensfreude, sind auch in der Kommunikation humorvoll und betonen das Positive – besonders in Zeiten, die nicht immer einfach sind. Die Siegermarke ESN befriedigt hervorragend das Bedürfnis der jungen Generation nach sozialer Anerkennung, Status und gutem Aussehen.  

Um die Gen Z ranken sich so viele Mythen wie um kaum eine andere Zielgruppe. Woher kommen diese Mythen und warum können sie dem Marketing schaden? 

Diese Mythen entstehen durch die immer wieder heraufbeschworenen Generationenkonflikte, die es schon immer gegeben hat. Indem man Menschen in Schubladen einordnet, macht man es sich auf der einen Seite zwar leicht – aber im Marketing bringt einen das nicht weiter. Denn so werden Stereotype geschaffen, die oft nicht der Realität entsprechen. Es gibt nicht „die eine“ Gen Z, sondern das sind alles Menschen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen, Lebenswegen und Lebensstilen. Diese Vielfalt wird oft vergessen, was dazu führt, dass Marketingstrategien nicht erfolgreich sind. 

Eigentlich war das schon immer so, wir haben schon in den 80er Jahren untersucht, dass rein soziodemografische Segmentierungen schwierig sind. Werte und Einstellungen prägen unser Verhalten viel stärker. Und dafür gibt es mit neuen Technologien, sozialen Medien und auch Künstlicher Intelligenz für Marken mehr Möglichkeiten denn je, Menschen auf individuelle Weise anzusprechen.  

Welches sind die häufigsten Mythen rund um die Gen Z – und was ist wirklich dran? 

Es heißt oft, die Gen Z sei nur Ich-bezogen. Untersuchungen zeigen aber, dass die Grundwerte der Gen Z sehr ähnlich zu denen anderer Generationen sind. Einige Themen wie Aussehen, Status und Individualität sind für sie zwar besonders wichtig und der Ich-Bezug ist in der Tat stärker ausgeprägt als in anderen Generationen, aber das bedeutet nicht, dass sie egoistisch sind. Soziale Werte wie Toleranz, Hilfsbereitschaft und Chancengleichheit sind der Gen Z nämlich wichtiger als den Millennials. Das heißt also: Ich-Bezug ja, aber in einem viel stärkeren Zusammenhang mit dem „Wir“ als in anderen Generationen.  

Diese Food-Marken kommen am besten bei der Gen Z an. (© Screenshot: Best Brands 2025 Award Ranking)

Ein weiterer Mythos: Die Gen Z ist handysüchtig und kann sich nicht mehr selbst beschäftigen. Ja, digitale Medien spielen eine große Rolle: Zwei Drittel der Gen Z spielen täglich Videospiele, der Großteil ist täglich in den sozialen Medien aktiv. Dennoch suchen sie auch Erlebnisse in der realen Welt. Produkterlebnisse, Geschmack, Geruch und Genießen sind ihnen wichtig. Marken, die diese Erlebniskomponente ansprechen, sind besonders erfolgreich. 

Auch um das Thema Nachhaltigkeit ranken sich viele Mythen: Ist die Gen Z Fast Fashion oder öko? Die Wahrheit liegt in der Mitte. Die Mehrheit der Gen Z will ihre Kleidung lange behalten, um die Umwelt zu schonen, viele sind bereit, für nachhaltige Mode mehr Geld auszugeben. Die Gen Z kauft übrigens nicht häufiger bei Temu & Co. ein als andere Generationen. Nachhaltigkeit spielt für sie eine Rolle, aber anders. Sie verbinden Nachhaltigkeit mit Lifestyle. Es muss convenient sein, das Leben erleichtern, Produkte müssen Spaß machen und auf keinen Fall mit Verzicht verbunden sein, sondern mit Innovation und Lebensfreude. Coole Produkte, die mit positiven Aspekten für Nachhaltigkeit begeistern, sind am erfolgreichsten.  

Wie können Marken diese widerlegten Mythen für sich nutzen? Welche Tipps haben Sie für eine erfolgreiche Ansprache der Gen Z? 

Ein „One-Size-Fits-All“-Ansatz funktioniert nicht. Stattdessen müssen Marken die Gen Z personalisiert und zielgerichtet ansprechen. Innovation, neue Produkte und Erlebnisse sind essenziell. Und: Die Verbindung von „Ich“ und „Wir“ ist wichtig: Ein Produkt sollte sowohl persönlichen Nutzen haben als auch gesellschaftlichen Mehrwert bieten, so wie es beispielsweise Ben & Jerry’s macht. Nachhaltigkeit ist wichtig, aber mit Spaß. Und vor allem, das ist der wichtigste Punkt: Authentizität ist entscheidend. Marken dürfen sich nicht verbiegen oder anbiedern, denn das wird sofort durchschaut. Und das kommt in keiner Generation gut an. Wir sind uns eben oft ähnlicher als gedacht.  

(jag, Jahrgang 1980) ist freie Autorin und in der Marketingwelt zuhause. Seit ihrem Studium begeistert sie das Thema, denn es steht einfach nie still! Was heute ein Trend ist, kann übermorgen Standard sein – oder wieder weg vom Fenster. Als waschechte Münchnerin ist sie ihrer Heimat natürlich (mit Ausnahmen in Frankreich und Regensburg) treu geblieben: #schönstestadtderwelt!