Geld verliert seine materielle Gestalt

Die Digitalisierung sämtlicher Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft revolutioniert das heutige Geldsystem. Alte Kontroll- und Machtstrukturen lösen sich auf und werden durch eine offene Netzkultur ersetzt. Geld spielt nicht mehr eine zentrale Rolle als Wirtschaftstreiber und Wertaufbewahrungsmittel. Diese Thesen erläutern die Autoren der Studie „Gutes Geld – Bezahlen, Investieren und die Wertschöpfung der Zukunft“ des Zukunftsinstituts.

Mit ihrer Analyse einer Reihe innovativer Währungskonzepte und Bezahlverfahren skizzieren die Autoren, wie wir in Zukunft mit Geld umgehen werden. Dabei zeigen sie die Herausforderungen für die klassischen Zahlungs- und Finanzdienstleister auf. Ihre Themen: Digitale Finance, Cashless Future und Future Values.

Geldwerte werden aus virtuellen Zahlen bestehen

Geld verliert seinen Selbstzweck und wird damit wieder vorrangig zum Tauschmittel. Ein nicht mehr primär über Geld definiertes Wirtschaftsverständnis setzt sich durch. Die Studie eröffnet Perspektiven auf neue Formen der Ökonomie, die sowohl ganz ohne Geld als auch mit bedingungslosem Grundeinkommen denkbar sind – in jedem Fall aber nicht mehr von Geld regiert sein werden. Letzteres Szenario wird über eine megatrendbasierte Gesellschaftsanalyse greifbar. „Gutes Geld“ bezeichnet dabei die neue soziale Funktion, die das Zukunftsinstitut für die Zukunft des Geldes in Ausblick stellt.

Die Digitalisierung wird Geld auf eine neue Evolutionsstufe heben, meinen die Zukunftsforscher. Denn finanzielle Angelegenheiten werden ihrer Überzeugung nach zukünftig immer seltener eine materielle Grundlage haben. Stattdessen werden Geldwerte vor allem aus virtuellen Zahlen bestehen. Das bedeutet: Der Zugang zum Online-Depot muss überall und einfach möglich sein. Mobile Payment wird zum Standard. An innovativen Beispielen analysiert die Studie die Vor- und Nachteile möglicher Transaktionsverfahren der Zukunft.

Kontrolle aufgeben und interaktiv werden

Geld als nicht greifbare Größe zu akzeptieren, setzt ein größeres Vertrauen in sein Konzept voraus. Das bringen Menschen immer weniger den klassischen Instanzen und dafür zunehmend dem Netz entgegen. Hier sehen sie ihren Anspruch auf Transparenz und Mitgestaltung erfüllt. Sicherheit bietet ihnen das Urteil der virtuellen Crowd.

Im Netz jedoch kann jeder überall Anbieter und Konsument von Finanzdienstleistungen werden: Was zählt, ist die Akzeptanz der Kunden. Das verändert die Finanzwelt grundlegend: Klassische Dienstleister konkurrieren in Zukunft auf Augenhöhe mit vielen kleinen Online-Akteuren. Kontrolle aufgeben, interaktiv werden und sich transparent zeigen – das rät das Zukunftsinstitut denen, die das Vertrauen und die Aufmerksamkeit der Netzgemeinde gewinnen und behalten wollen.

Währungsvielfalt statt Universalwährung

So wie keine zentralistischen Finanzdienstleister mehr existieren werden, wird es laut der Studie auch keine Universalwährung mehr geben. Die Vielzahl digitaler Währungen und Bezahlmethoden, die im Netz entstehen, dezentralisiert das Geldsystem. Darin sehen die Autoren neue Chancen für die Krisensicherheit: Weil unterschiedlichste Geldformen nebeneinander existieren, wird das Konzept „Geld“ insgesamt stabiler.

Auch einen Werte- und Mentalitätswandel in der Gesellschaft beschreibt die Studie: Die junge Generation der Digital Natives zweifelt Besitz, Profit und Konsum als erstrebenswerte Lebensziele zunehmend an. Sie bevorzugt die ökonomische Philosophie der Shareconomy – das Teilen von Ressourcen – und sieht sich als kollektive Selbstsorger. Crowdfunding, das gemeinschaftliche, selbstorganisierte Investieren, ist ein typisches Symptom dieser veränderten Haltung. Wert hat der (immaterielle) Nutzen von Dingen: nämlich in ihrer Funktion, die persönliche Lebensqualität zu steigern. Demnach sind Gebrauchtkäufe zukünftig kein Zeichen mehr von Armut und Geldbesitz keines mehr für Reichtum.

(Zukunftsinstitut/asc)