Geld für Klima und Digitales: Kabinett billigt Scholz‘ Aufbauplan

Vor rund einem Jahr einigte sich die Europäische Union auf umfangreiche Hilfen zum Wiederaufbau nach der Corona-Krise. Bis Ende dieser Woche müssen die Länder sagen, was sie mit dem Geld anfangen wollen. Einige legen vor.
Gigantische Summe: Die EU will insgesamt 750 Milliarden Euro an ihre Mitgliedsländer ausschütten. (© Unsplash/Ernesto Velázquez)

Die Bundesregierung und mehrere andere Länder haben den Startschuss für die Umsetzung des milliardenschweren europäischen Corona-Wiederaufbaufonds gegeben. Den deutschen Anteil will Finanzminister Olaf Scholz fast komplett in Klimaschutz und Digitalisierung stecken. „Wir setzen ein klares Signal für eine klimafreundliche und digitale Zukunft“, sagte der SPD-Politiker. Das Kabinett billigte am Dienstag seinen Aufbauplan, der in den kommenden Tagen auf EU-Ebene eingereicht werden soll.

Die im Sommer 2020 verabredeten Aufbauhilfen mit einem Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro sollen den 27 EU-Staaten helfen, nach der Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Einen Teil des Geldes gibt es als Zuschüsse, einen Teil als Darlehen. Dafür wollen die EU-Staaten gemeinsam Schulden aufnehmen. Scholz bezeichnete den Aufbaufonds als „neues Kapitel in Europas Geschichte“. Deutschland rechnet mit Zuschüssen in Höhe von netto fast 26 Milliarden Euro aus dem Topf.

Die ersten Hilfsgelder sollen nach jetzigem Stand vom Sommer an fließen. Allerdings müssen die Staaten vorab genau darlegen, wofür sie die Milliarden verwenden wollen. Eigentlich bis zum 30. April – es gibt aber Zweifel, ob das alle schaffen werden.

Von der Leyen spricht von „Jahrhundertchance“

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte eine genaue Prüfung an, ob die Aufbaupläne der EU-Staaten den gemeinsamen hohen Ansprüchen genügen. „Wir wissen genau, wohin wir wollen“, sagte von der Leyen in Brüssel. Ziel sei ein grüneres, digitaleres und krisenfesteres Europa. „Wir haben 750 Milliarden Euro, um unsere Union der Zukunft zu bauen“, sagte die Kommissionschefin. „Das ist eine Jahrhundertchance für Europa. Dies ist ein historischer Moment.“

Von den Zuschüssen für Deutschland von netto fast 26 Milliarden Euro sollen 90 Prozent in Klimaprojekte und digitale Transformation fließen, etwa in Wasserstoff-Forschung, klimafreundliche Mobilität und ein stärker digital orientiertes Bildungssystem. Der Kauf von Elektro-Autos, -Bussen und -Zügen soll gefördert und die Lade-Infrastruktur ausgebaut werden. „Klimaschutz ist die größte Herausforderung unserer Zeit“, betonte Scholz. Außerdem sollen drei Milliarden Euro in moderne Notfallausstattung und Infrastruktur von Krankenhäusern fließen.

Wirtschaftsforscher erwarten positiven Effekt

Die Umweltorganisation WWF kritisierte die Pläne als halbherzig und müde. Wirtschaftsforscher erwarten durch die Investitionen allerdings auch einen positiven Effekt auf Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in Deutschland. Sie rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt dadurch langfristig um zwei Prozent höher liegen dürfte als ohne die Aufbau-Maßnahmen.

Auch Frankreich und Italien stellten ihre Aufbaupläne vor. Italien ist mit mehr als 190 Milliarden Euro der größte Empfänger von Geldern aus dem europäischen Fonds. Ministerpräsident Mario Draghi will mit dem Geld das „Italien von morgen“ bauen, zu den Investitionszielen gehören Hochgeschwindigkeitszüge und Häuser, die weniger Energie brauchen, mehr Plastik-Recycling und Öko-Landwirtschaft sowie eine Reform der Justiz.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire rief die EU-Kommission auf, die nationalen Wiederaufbaupläne „so rasch wie möglich“ zu prüfen, damit Geld vom Ende des Sommers an fließen könne. Seit dem vergangenen Jahr, als das europäische Corona-Hilfspaket vereinbart wurde, sei Zeit verloren worden, kritisierte er: „China wächst wieder, die USA boomen. Die EU muss im Rennen bleiben.“

tht/dpa