Auch außerhalb der sexpositiven Bubble in den Großstädten ist Sexual Wellness mittlerweile angekommen. Toys und Co. werden, spätestens seit sie im TV beworben werden, weiter enttabuisiert und kommen so aus der Nische raus. Das Überangebot an Produkten macht es allerdings mittlerweile schwierig, gute Qualität zu finden. Dieser Meinung sind Katharina Trebitsch und Anna Kössel. Deshalb haben sie den Onlineshop Studio569 als Premium-Trendradar gegründet.
Der Name ist laut Katharina Trebitsch schnell erklärt: „Mit 569 schreibt man auf einer alten T9-Tastatur das Wort ‚Joy‘. Und genau darum geht’s: um die Freude am Entdecken der eigenen Lust und des eigenen Körpers mit allen Sinnen. Mit Studio569 ist das möglich, weil es eben kein riesiger Marktplatz ist, sondern wir nur das Neuste und Beste anbieten. Deshalb sagen wir #Itsnotasexshop.“ Stattdessen soll Studio569 das digitale Zuhause für Sexual Wellbeing sein.
Zugänglichkeit ist die Basis
Die Gründerin Katharina Trebitsch sagt im Interview: „Manche Brands findet man bislang lediglich offline in einzelnen Stores. Da hat aber beispielsweise jemand aus München keinen Zugang, wenn ein Produkt nur in Berlin erhältlich ist. Deshalb war unsere Idee, einen ganzheitlichen Store für handverlesene Sexual-Wellbeing- Produkte aller Art zu gründen.“
Die Produktrange reicht von Sex Toys über Intim- und Körperpflege bis hin zu Intimate-Health- und Lifestyle-Produkten – und bringt damit laut eigener Aussage die Vielfalt der Branche erstmals unter ein Dach. Am Ende soll es um mehr gehen als den reinen Akt. Um Wohlbefinden. In den Augen von Katharina Trebitsch werden viele Menschen, die sich mit Sexual Wellbeing befassen, in den klassischen Sexshops nicht abgeholt. Sie sagt: „Bei uns soll es nicht 15 verschiedene Dildos in Rosa für zehn bis 30 Euro geben. Wer große Rabatte möchte, muss woanders suchen. Wir bieten ausgefallene, hochwertige Produkte von Newcomer– und Premiumbrands an, für alle, die sich selbst besser kennenlernen und inspirieren lassen wollen. Egal, ob man Newbie oder supererfahren ist und ob man für sich selbst oder für andere sucht.“
Im Onlineshop sind beispielsweise Produkte der Intimpflegemarke Dr. Vivien Karl, edle Glasdildos von Xia Pleasure Objects, Toys von Fun Factory, STI-Tests für zu Hause von Remi Health und Körperpflegeprodukte für Mütter von Milf Cosmetics erhältlich.
Klare Message, strenge Richtlinien
Bei Sexual Wellbeing geht es darum, Sex ganzheitlich zu betrachten. Dennoch kann es Schwierigkeiten geben, diese Message beispielsweise auf Instagram zu kommunizieren – durch die sehr strengen Richtlinien von Meta. Die beiden Gründerinnen wissen aber ganz genau damit umzugehen, denn sie haben mit ihrem 2020 gegründeten Start-up Nevernot in der Vergangenheit viele Erfahrungen sammeln können, mit dem sie bereits in den Sexual-Wellbeing-Markt eingestiegen sind.
Ihr erstes Produkt war ein Softtampon, den man vor allem beim Sex während der Periode verwenden kann – gar nicht so einfach, das auf Instagram zu bewerben. Gleitgel dürfe beispielsweise nicht für Sex, sondern nur gegen vaginale Trockenheit beworben werden. Die Herausforderungen waren also teilweise groß, geschafft haben sie es trotzdem. „Wir haben mit Nevernot eine starke Marke aufgebaut und dabei viel über das Marketing im Sexual-Wellness-Markt, die Industrie und die Bedürfnisse der modernen Konsument*innen gelernt. Diese Learnings wollen wir mit den Brands bei Studio569 teilen“, sagt Katharina Trebitsch.
Und der Erfolg gibt ihnen recht. Zu ihren Investor*innen zählen unter anderem Gründerin Tijen Onaran und Comedienne Carolin Kebekus sowie Manuel Müller, CEO von Emma – The Sleep Company, Marc Müller, Vorstand der ETL AG, und Kersten Jodexnis von La Roca Capital. Außerdem haben sie den vierten Platz des German Startup Brand Ranking von Jung von Matt belegt. „Nach intensiver Recherche am Markt konnten wir bisher keinen Shop finden, der das Premiumsegment online abdeckt. Mit unserem Expert*innenwissen bauen wir einen Store, der diese wichtige Lücke am Markt schließt“, erklärt Anna Kössel.
Aufmerksamkeit statt Konkurrenz
Erstaunlich an dem Konzept von Studio569 ist nicht nur die Symbiose aus Boutique-Charakter und Zugänglichkeit, sondern vor allem, dass die Gründerinnen den Konkurrenz-Gedanken vollkommen hinten anstellen. Es gibt keine Ego-Show, die abgezogen wird. Sie wissen um den Erfolg von Nevernot, wollen ihre eigenen Produkte allerdings nicht dort vertreiben – bis auf ein, zwei Ausnahmen. Vielmehr möchten sie laut eigener Aussage auf andere Brands aufmerksam machen, um Sexual Wellbeing in Deutschland wirklich zu etablieren.
Bei der Auswahl der Marken legen sie Wert darauf, nicht nur die Produkte, sondern auch die Gründer*innen und deren Vision zu kennen. Daher kamen die einzelnen Marken erst nach und nach dazu, denn es wurde immer wieder angefragt, verhandelt und überlegt, wie man die Vielfalt von Sexual Wellbeing am Ende in einen kuratierten Onlineshop übersetzt. Am Ende geht es um Zugänglichkeit – zum Thema und zu sich selbst.