Eine wichtige und immer noch relevante Erkenntnis Dichters war die Identifikation von vier verschiedenen Motiven, die Menschen zur Kommunikation über Marken veranlassen. Das erste Motiv (rund 33 Prozent der Fälle) ist produktbezogen: Die Erfahrung mit dem Produkt ist so neu und positiv, dass der Empfehler unbedingt darüber berichten will. Das zweite Motiv (rund 24 Prozent) ist selbstbezogen: Der Empfehler möchte Aufmerksamkeit gewinnen, sich als Kenner präsentieren, als Vorreiter fühlen, Insider-Wissen demonstrieren, Bestätigung oder Überlegenheit demonstrieren. Das dritte Motiv (rund 20 Prozent) ist fremdbezogen: Der Empfehler will Hilfsbereitschaft, Fürsorge und Freundschaft zeigen. Das vierte Motiv (rund 20 Prozent) ist botschaftsbezogen: Die Botschaft ist so lustig oder informativ, dass sie es verdient, weitergegeben zu werden.
Innovationen und Differenzierungsmerkmale entwickeln und nutzen
Die gleichen vier Motive sind die Erklärung dafür, warum manche Marken mit Erfolg Social Media nutzen. Sie besagen, dass eine Marke außergewöhnliche funktionale, der Selbstdarstellung dienende oder soziale Nutzenelemente aufweisen muss, wenn sie von Social Media profitieren will – sofern sie nicht auf eine besonders unterhaltsame Kommunikation setzt. Sie wird also eher Erfolg haben, wenn man die Marke mit einem Angebot verbindet, das innovativ ist, sich von anderen abhebt und Kunden wirklich anspricht. Eher unwahrscheinlich ist der Erfolg, wenn es sich um ein Nachahmerprodukt in einer etablierten Kategorie oder Unterkategorie handelt. Es bleibt also dabei: Unternehmen müssen Innovationen und Differenzierungsmerkmale entwickeln und nutzen.
Einmalige Ein-Weg-Empfehlungen wirken nicht glaubwürdig
Eine weitere Erkenntnis war, dass Konsumenten auf zwei Dinge besonderen Wert legen: Erstens muss der Empfehler glaubwürdig sein und kompetent erscheinen. Er muss kein Fachmann sein, aber das notwendige Wissen und entsprechende Erfahrung vorweisen. Zweitens sind Konsumenten skeptisch, was das Motiv des Empfehlers angeht. Sie erwarten, dass ihm das Wohl des Konsumenten am Herzen liegt und hinter seiner Empfehlung kein Verkaufsinteresse steht. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die für ihre eigene Marke werben, sich ihres Status bewusst sein müssen. Wichtig ist, Fakten zu nennen statt Meinungen zu äußern, die richtige Kultur und die passenden Werte zu repräsentieren und eine ausgewogene Beurteilung abzugeben. Außerdem sollten Unternehmen den offenen Dialog fördern, weil Konsumenten eher dem Urteil eines Empfehlers vertrauen, der mit anderen kommuniziert. Einmalige Ein-Weg-Empfehlungen wird man dagegen kaum für glaubwürdig und engagiert halten.
Empfehlungen haben hohen Einfluss auf Kaufentscheidungen
Die dritte Erkenntnis Dichters war, dass Empfehlungen im Durchschnitt einen enorm hohen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben; bei manchen Produkten können sie diese zu 80 Prozent bestimmen. Vor Dichter hatten bereits die Soziologen Katz und Lazarsfeld die Wirkweise sozialer Beeinflussung in ihrem Buch „Persönlicher Einfluss“ als zweistufigen Kommunikationsprozess dargestellt; Dichter entwickelte die Theorie jedoch weiter und übertrug sie auf Kaufentscheidungen.
Es ist beeindruckend, wie aktuell die fast vergessene, fünf Jahrzehnte alte Theorie und Praxis der Mundpropaganda und Beeinflussung heute noch ist!
Über den Autor: David Aaker gilt als der Guru der Markenstrategie – Er hat das Markenwertmodell „Aaker Model“ erfunden und über 100 Artikel und 15 Bücher veröffentlicht. Als Vice Chairman berät David Aaker zudem exklusiv die Kunden von Prophet. Als Ehrenprofessor an der Haas School of Business, University of California, Berkeley, bekam er vier Karriere-Auszeichnungen, einschließlich des Paul D. Converse-Preises im Jahre 1996 für seine herausragende Arbeit zur Weiterentwicklung des Marketing.