Geburtstag für die Raubkatze – Puma wird 75      

Puma ist unter den großen deutschen Sportartikelmarken die ewige Nummer zwei. 75 Jahre nach der Gründung hat sich die fränkische Raubkatze jedoch emanzipiert. Dem Unternehmen geht es nach Aufs und Abs in der Vergangenheit so gut wie selten.
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Der Super Atom ist 1952 weltweit der erste Schraubstollenschuh. Rudolf Dassler hat ihn gemeinsam mit Bundestrainer Sepp Herberger und anderen Fachleuten entwickelt. Damit legen sie Pumas Grundstein. (© Puma)

Im kleinen Herzogenaurach war es zeitweise fast wie eine Religion: Für Puma oder Adidas entschied man sich einmal im Leben – und blieb dabei. Die Rivalität der beiden Schuhmacher-Brüder Rudolf und Adolf „Adi“ Dassler aus der fränkischen Provinz prägte ganze Generationen von Sportler*innen und schuf letztlich zwei Weltmarken. Puma blieb hinter Adidas immer der kleinere der beiden Konzerne. Immerhin ist er der ältere: Knapp ein Jahr vor Adidas ließ Rudolf Dassler am 1. Oktober 1948 den Firmennamen Puma ins Handelsregister eintragen. 75 Jahre später steht das Unternehmen kurz vor der 10-Milliarden-Umsatz-Grenze – auch wenn es nicht immer nur steil bergauf ging.

Die Dasslers trugen ihren Bruderkampf in die Bevölkerung in der Region nordwestlich von Nürnberg. Man hatte sich zu entscheiden, zu welchem der beiden Lager man gehören wollte, oft war der Weg auch vorgezeichnet. Der von Lothar Matthäus etwa: Sein Vater war Hausmeister in einem der Puma-Werke. Klar, dass der hochtalentierte Fußballer von früher Jugend an in Schuhen mit der Raubkatze kickte. Oder der von Helmut Fischer. Sein Vater nahm den jungen Helmut mit zum Angeln, dabei in der Runde war damals auch Rudolf Dassler. Das prägte den heute 74-Jährigen so stark, dass er inzwischen auf den Beinamen „Mr. Puma“ hört.

Getragen von den Stars

Fischer stieg über die Jahre zum Werbeleiter von Puma auf. Sein Weg kreuzte sich über viele Jahrzehnte mit unzähligen Größen des Weltsports: Weltstars der Leichtathletik wie Armin Hary oder Merlene Ottey, Tennislegenden wie Boris Becker und Serena Williams und natürlich unzählige Fußballer*innen. Wenn Fischer – heute noch als Teilzeit-Archivar bei Puma aktiv – auf der gläsernen Verbindungsbrücke im Puma-Hauptquartier an den Vitrinen vorbeischlendert, kommen ihm viele alte Anekdoten in den Sinn.

Die von Johan Cruyff etwa: Der Niederländer, bei Puma unter Vertrag, weigerte sich bei der Fußball-WM 1974 wie der Rest des Teams ein Adidas-Trikot überzuziehen. Die Puma-Raubkatze ging aber auch nicht. Also spielte der Superstar in Trikot und Hose mit nur zwei Streifen. Oder die von Neymar: Der Brasilianer schlug für Puma einen hochdotierten Vertrag mit dem US-Branchemprimus Nike aus, weil er unbedingt die Schuhe seines Idols Pelé tragen wollte.

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1958 wird ein weiteres Firmenlogo patentiert: Der Formstrip, ursprünglich zur Fußstabilisierung im Schuh gedacht, ist fortan ein Puma-Markenzeichen und auf nahezu allen Schuhen der Marke zu sehen. (© Puma)

Dieser wiederum war dafür verantwortlich, dass Fußballschuhe farbiger wurden. Pelé ließ sich für die WM 1970 einen knallgelben Puma-Streifen auf die zuvor traditionell rein schwarzen Schuhe nähen. „Pele war der erste Sportler, der sich getraut hat, einen farbigen Schuh anzuziehen. Das konnte sich nur der Superstar leisten“, sagt Fischer heute.

Keine reine Erfolgsgeschichte

Wie im Sport selbst liegen auch in der Sportartikelbranche bejubelte Erfolge und bittere Schicksalsschläge nah beieinander. Fischer wird ernst, wenn er an den ferrariroten Rennstiefeln von Michael Schumacher vorbeigeht. „Zwei Wochen vor seinem Unfall hat er mir den Schuh mitgebracht, mit den Worten: Bei Dir ist er besser aufgehoben.“

Die Historien-Brücke zeugt ferner von Errungenschaften, bisweilen auch von Flops. Ein Computer-Schuh war in den 1980er Jahren seiner Zeit voraus – der Markt nahm ihn nicht ab. Boris Becker, der Puma nach Fischers Ansicht erst zum wirklichen Weltkonzern machte, spielte einen Schläger, dessen Länge und Gewichtsverteilung angepasst werden konnte. Vom sogenannten „Power Control System“ spricht heute niemand mehr. Die Leichtathletin Heike Drechsler sprang mit dem Puma Disc zu Rekorden – auf dem Massenmarkt setzte sich das Modell ohne Schnürsenkel, dafür mit einer Drehscheibe auf der Zunge nie durch.

Fischers Archiv im Keller des Puma-Hauptquartiers mit Tausenden von Schuhen, Bällen, Textilien und Werbeutensilien erzählt Bände über die Firmen- , aber auch über die Sportgeschichte. Er sammelt dort etwa die Rennanzüge von Formel-1-Größen wie Sebastian Vettel – und möglichst jedes Paar Schuhe, das Puma jemals produziert hat. Darunter sind Dauerbrenner, wie der „Suede“, der nach dem Aufkommen der Modedroge nicht mehr wie früher Crack heißen darf. Und ausgefallene Designerstücke, die niemals in Serie gingen.

Puma kommt zurück

Die wirtschaftliche Geschichte von Puma ist wechselhaft. Dem Aufstieg bis in die 1980er Jahre folgte eine Durststrecke in den 1990ern. Die Familie Dassler hatte sich zurückgezogen, Finanzinvestor*innen regierten, das Familiäre sei verloren gegangen, beklagt Helmut Fischer heute. Vorstandschef Jochen Zeitz brachte das Unternehmen wieder auf die Bahn, auch mit dem Erschließen neuer Zielgruppe in der Modebranche, dank der Zusammenarbeit mit Designern wie Jil Sander oder Alexander McQueen. Später übernahm der Norweger Björn Gulden. Der ehemalige Fußball-Profi hievte die seit 1986 börsennotierte Puma AG sogar zeitweise in den Dax. Inzwischen zog es Gulden zur örtlichen Konkurrenz, sein einstiger „Kronprinz“ Arne Freundt übernahm das Steuer.

Der Norddeutsche durfte gleich zu Beginn seiner Amtszeit für das Jahr 2022 das wirtschaftlich beste Ergebnis der Firmengeschichte verkünden. 8,5 Milliarden Euro Umsatz und ein Konzerngewinn von 354 Millionen Euro standen zu Buche. „Puma hat ein starkes Momentum und klare strategische Prioritäten. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Markenbegehrlichkeit zu steigern, das Produktangebot zu optimieren und die Vertriebsqualität zu verbessern“, sagt Freundt. Er will den Fokus noch stärker auf die Märkte in China und den USA legen, wo er nachhaltiges Wachstum erwartet.

Von Michael Donhauser, dpa