Gasversorger treten bei Kundenwerbung auf die Bremse

Immer mehr Gasversorger ziehen Konsequenzen aus der Gaspreisexplosion. Eon hat das Neukundengeschäft vorübergehend eingestellt. Andere Unternehmen fahren ihre Marketingaktivitäten zurück.
Die Großhandelspreise für Gas sind auf Rekordniveau. (© Imago)

Angesichts des enormen Anstiegs der Großhandelspreise für Gas halten sich zurzeit selbst große deutsche Versorger beim Kampf um neue Kunden zurück. Eon stoppte das Neugeschäft mit Privatkunden beim Gas sogar vorläufig komplett. „Leider können wir Ihnen derzeit keine Erdgas-Produkte anbieten“, war am Mittwoch auf der Kunden-Homepage des Energiekonzerns zu lesen.

Der Eon-Rivale EnBW stellte das Neukundengeschäft zwar nicht komplett ein. Doch fuhr er seine Marketingaktivitäten deutlich zurück und bat etwa die Vergleichsplattform Verivox, seine Angebote vorübergehend aus der Vermittlung zu nehmen, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte.

Preisanstieg um 451 Prozent binnen eines Jahres

Der Hintergrund: In den vergangenen Monaten sind die Großhandelspreise für Gas international auf Rekordstände geklettert. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 verteuerte sich die Megawattstunde Gas binnen Jahresfrist um 451 Prozent auf 44,03 Euro. Die großen Gasversorger kaufen allerdings langfristig ein, so dass Preissprünge an der Börse nicht unmittelbar durchschlagen. Doch orientieren sich die Einkaufsmengen am Kundenbestand.

Ein Eon-Sprecher betonte denn auch, Bestandskunden seien von dem Schritt nicht betroffen. Sie würden selbstverständlich weiter beliefert. Auch seine Aufgaben als Grundversorger werde der Konzern nachkommen. Die Grundversorger springen beim Ausfall anderer Lieferanten ein, um die Gasversorgung der betroffenen Haushalte sicherzustellen. Wann Eon Neukunden wieder ein Angebot machen wird, ließ das Unternehmen offen. Zunächst müsse ein Produkt konzipiert werden, das den aktuellen Entwicklungen auf den Gasmärkten gerecht werde, hieß es.

Verivox berichtete, dass einige Gasversorger gebeten hätten, sie vorübergehend aus der Vermittlung zu nehmen. Allerdings hätten die Unternehmen in Aussicht gestellt, ihr Neukundengeschäft zeitnah wieder aufzunehmen, sobald sie ihre Preise entsprechend neu kalkuliert hätten. „Wir gehen daher davon aus, dass es sich hier um eine kurzfristige Reaktion auf den Markt handelt. Schon in der kommenden Woche kann die Situation wieder anders aussehen“, heißt es auf dem Vergleichsportal. Eine Sprecherin von Check24 betonte, es sei nicht ungewöhnlich, dass Versorger in extremen Preisphasen ihre Angebote neu kalkulierten und solange auf eine Vermittlung neuer Kunden verzichteten.

Kleiner Gasversorger kündigt Verträge

Das Unternehmen Deutsche Energiepool aus Salzbergen, ein kleiner Gasversorger aus Niedersachsen, war vor einigen Wochen einen Schritt weiter gegangen und hatte angekündigt, er sei „aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit“ gezwungen, viele der geschlossenen Verträge zu kündigen. Bis zum Tag des Wirksamwerdens der Kündigung werde die Deutsche Energiepool die Verträge erfüllen. Das Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben auf die Beschaffung von Erdgas für Industriekunden und Stadtwerke spezialisiert und beliefert seit dem diesem Jahr auch Privatkunden.

Die Bundesregierung hatte vor wenigen Wochen erklärt, sie sehe derzeit keine Engpässe bei der Gasversorgung in Deutschland. Die Gasspeicher seien auch im internationalen Vergleich gut gefüllt, zum Beispiel viel mehr als in Großbritannien.

tht/dpa