Für Verbraucher ist Gesundheit deutlich wichtiger als Wirtschaft

Wie verändert das Virus den Konsum? Andreas Fürst, Marketingprofessor an der Universität Erlangen-Nürnberg, und sein Team erheben für die absatzwirtschaft im monatlichen Corona Konsumbarometer, wie sich die Konsumlaune und das Kaufverhalten im Zeitverlauf verändern. Hier die wichtigsten Ergebnisse.
Ostern in Ausnahmezustand: Corona verändert den Konsum. (© Imago)

Die große Zeit der Hamsterkäufe ist in Deutschland nach Einschätzung von Marktforschern erst einmal vorbei. Die erste Panik nach dem Corona-Ausbruch habe sich gelegt, die Verbraucher hätten sich gewissermaßen an den Krisenmodus gewöhnt, attestiert kurz vor Ostern die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Doch verändert die Krise das Kauf- und Konsumverhalten möglicherweise nachhaltig, etwa indem der Onlinehandel weiteren Auftrieb bekommt oder der stationäre Handel nach dem Lockdown eine Renaissance erfährt, in dem auch danach mehr Essen nach Hause geliefert wird oder sich Sport von zu Hause etabliert hat? Das wollen wir in den kommenden Monaten in Zusammenarbeit mit dem Marketinglehrstuhl von Andreas Fürst an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und dem Deutschen Marketing Excellence Netzwerk e.V. (mex-netzwerk.de) unter die Lupe nehmen.


Zur Studie: Die wissenschaftlich fundierte, bevölkerungsrepräsentative Erhebung, für die in einer ersten Befragungswelle 1020 Personen befragt werden, soll im Zeitverlauf zeigen, wie sich Konsumlaune und Kaufverhalten verändern. Die Untersuchung ist auf den kompletten Zeitraum der Corona-Krise angelegt, die Ergebnisse fassen wir jeden Monat für Sie zusammen.


Hier die Ergebnisse der ersten Erhebungswelle Ende März:

Die Hälfte der Konsumenten ist aufgrund der Corona-Krise „stark“ oder „sehr stark“ beunruhigt, nur zwölf Prozent „kaum“ oder „gar nicht“. Über die Hälfte der Konsumenten (57 Prozent) verspüren bereits, dass die Krise bei ihrer Firma angekommen ist. Besonders hoch ist die Betroffenheit in Branchen wie Tourismus, Gastgewerbe, Groß- und Einzelhandel sowie bei den Medien. Dagegen verspüren nur 15 Prozent der Konsumenten keine oder nur geringe Auswirkungen auf beruflicher Ebene.

© FAU Erlangen-Nürnberg / Deutsches Marketing Excellence Netzwerk e.V.

Bereits ein Drittel der Konsumenten hegt starke Befürchtungen bezüglich möglicher Einkommensverluste, ein knapp weiteres Drittel hat zumindest gewisse derartigen Befürchtungen. Das trifft vor allem auf Selbständige, weniger auf Angestellte und Beamte zu. Führungskräfte sorgen sich mehr als Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung um ihre Bezüge, was wohl auf größere variable Gehaltsbestandteile zurückzuführen sein dürfte.

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Mehrheitlich wird befürwortet, dass gesundheitliche Aspekte bei der Bewältigung der Krise wichtiger seien als wirtschaftliche Aspekte. Die wenigen Konsumenten, aus deren Sicht eher wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen sollten, sind insbesondere Selbständige und bis zu einem gewissen Grad auch Führungskräfte – beide vor allem aus der Medien- und Konsumgüter-Branche.

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Beim Blick auf nachgefragte Produkte sowie besuchte Geschäfte und Einrichtungen sticht zuerst ins Auge, dass manche Produkte, die vor kurzem noch Bestandteil vieler Hamsterkäufe waren – etwa Toilettenpapier, Kosmetik und Körperpflegeprodukte – nun sogar leicht rückläufig zu sein scheinen.

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Studienmacher Andreas Fürst verweist dabei auf den Zeitraum der Befragung, Ende März, als die Ausgangsbeschränkungen bereits seit rund zwei Wochen galten, manche der Produkte aber auch schlicht nicht mehr ausreichend vorhanden waren, um stark gekauft zu werden. „Viele Verbraucher haben sich vorher mit diesen Artikeln eingedeckt und können diese gar nicht so schnell aufbrauchen“, so der Marketingprofessor. Unterhaltungselektronik, Gartenbedarf und Sportartikel habe man wohl ganz zu Beginn der Krise übermäßig stark gekauft, jetzt – einige Wochen später – scheint der Bedarf bei diesen Gebrauchsgütern erst einmal gedeckt. „In Stimmung, um Kleidung zu kaufen, ist man offenbar in der Krise nicht“, so Fürst. Auch die Häufigkeit der Besuche von geöffneten Läden und Einrichtungen war zum Zeitpunkt der Befragung rückläufig.

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Knapp ein Viertel der Konsumenten kauft der Studie zufolge in der Krise häufiger über das Internet ein, in erster Linie Jüngere. „Auch in der Krise werden offenbar nicht unbedingt die Älteren, weniger internetaffinen zum Online-Kauf bewegt, sondern die sowieso schon internetaffinen kaufen noch häufiger“, erklärt der Studienmacher. Auffällig sei auch, dass vor allem innenstadtnahe Konsumenten in Großstädten in der Krise häufiger online kaufen.

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Dabei gewinnt allerdings nicht jeder Online-Händler. Amazon schon etwas, während Konkurrenten wie Zalando oder Otto massiv zu verlieren scheinen, was wohl am Fokus auf Mode liegt, die in der Krise weniger gefragt ist. Auch von Solidarität gegenüber stationären Händlern und Restaurants über entsprechende Online-Einkäufe ist im Ergebnis der Befragung nur relativ wenig zu spüren.

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Während Ausflüge aufgrund der geltenden Beschränkungen schwierig geworden sind und Urlaub gänzlich tabu ist, bleiben als Alternativen zum Spaziergang vor allem der häusliche Medienkonsum, der Gang in die Küche oder Sport. In allen Bereichen verzeichnet die Befragung einen klaren Trend nach oben.

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(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.