Von Judyta Smykowski
1. Zeigen Sie Menschen mit Behinderung nicht nur dann, wenn es um Behinderung geht
Dass Menschen mit Behinderungen selbst zu Wort und ins Bild kommen, wenn es um Behinderung und Inklusion geht, sollte selbstverständlich sein. Hier gilt das Motto: Nichts über uns ohne uns. Noch besser machen Sie es aber, wenn Sie Menschen mit Behinderungen auch dann einbinden, wenn es nicht explizit um diese Themen geht. Aktuelle Produktionen bei Disney+ machen vor, wie das gelingen kann: Ob in den Serien „Hawkeye“, „Only Murders in the Building“ oder „Eternals“ – Menschen mit Behinderung sind Teil der Geschichte, aber es geht nicht nur um die Behinderung, sie ist höchstens ein Element in der Story. Unternehmen können in der Kommunikation ihrer Marken davon lernen: Planen Sie Geschichten, in denen behinderte Menschen vorkommen, aber nicht der Auslöser für die Erzählung sind. Einfach, weil auch behinderte Menschen sich für Mode, IT-Produkte oder Reisen interessieren, wie jede andere Person Dinge kaufen und zahlende Kund*innen sind.
2. Bewerben Sie Ihr Produkt nur als barrierefrei, wenn es das auch wirklich ist
Einige Firmen sind schon etwas weiter und setzen unter anderem Gebärdensprache als Element ein, um Aufmerksamkeit für ihre Produkte oder Dienstleistungen zu erzeugen. Was allerdings auch häufig passiert: Am Ende ist weder die Webseite des Unternehmens noch das Produkt barrierefrei und Expert*innen in eigener Sache wurden bei der Produktentwicklung nicht hinzugezogen. Das zeigt eine Inkonsequenz, die bei Betroffenen nicht gut ankommt und zu Recht zu Kritik in sozialen Netzwerken führen kann. Ein aktuelles Beispiel: Talking Hands, ein Daumenkino mit Gebärden, die schlicht falsch waren.
3. Achten Sie darauf, verschiedene Behinderungen einzubeziehen
Ob auf dem Parkplatz oder der Toilette: Personen im Rollstuhl sind in der öffentlichen Wahrnehmung praktisch zum Inbegriff für Behinderung geworden. Daher verwundert es nicht, dass sie auch im Marketing gerne als Stellvertreter*innen für das Thema Inklusion abgebildet werden. Außerdem ist der Rollstuhl sichtbar und damit leicht abzubilden. Doch durch diese Fokussierung werden viele andere Behinderungsarten unsichtbar gemacht. Wenn Sie inklusive Werbung anbieten wollen, schauen Sie unbedingt über den Rollstuhl hinaus. Auch Personen, die unter anderem einen Langstock verwenden oder Gebärdensprache sprechen, lassen sich gut in einem Foto abbilden. Und noch ein Tipp: Wenn Sie Stockfotos von Rollstuhlfahrenden verwenden, achten Sie darauf, dass es auch Rollstuhlfahrende sind und sie nicht auf anderen Fotos fröhlich durchs Bild laufen.
4. Denken Sie daran: Tag der Menschen mit Behinderung ist 365 Tage im Jahr
„Der Tag des….“ ist immer wieder eine schöne Gelegenheit, einen Anlass zur Kommunikation zu schaffen. In Deutschland gibt es zum einen den 5. Mai, den Europäischen Protesttag der Menschen mit Behinderung, und zum anderen den 3. Dezember, den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen. Beide Tage sind toll, um Aufmerksamkeit auf Themen wie Barrierefreiheit und Inklusion zu lenken und sich als inklusive Marke zu stärken. Jedoch sind für Menschen mit Behinderung die Barrieren in unserer Gesellschaft 365 Tage im Jahr vorhanden. Und so sollte es auch Aktionen, Kampagnen und Initiativen geben, die nicht nur an den beiden Tagen an das Ideal einer modernen Gesellschaft ohne Barrieren erinnern. Wenn Sie wirklich einen Unterschied machen wollen, sorgen Sie zum Beispiel dafür, dass mehr Menschen mit Behinderungen in Ihrem Unternehmen angestellt werden und schaffen Sie damit ein langfristiges Engagement. Das ist vielleicht nicht so öffentlichkeitswirksam wie eine bunte Instagram-Kachel am 3. Dezember, aber hilft wirklich dabei, eine inklusive Gesellschaft aufzubauen.
5. Stellen Sie Menschen mit Behinderung nicht nur als Inspiration dar
Manchmal verdienen soziale Netzwerke noch ihren Namen und zeigen uns schöne Geschichten, bei denen man gerne den Like-Button drückt. Öfters gehören dazu auch Postings, bei denen Menschen mit Behinderungen nicht behinderte Menschen damit inspirieren, dass sie im besten Fall ihr eigenes „Leid“ überwinden oder auch nur alltägliche Dinge tun, wie einkaufen gehen. Darauf folgen Kommentare, wie „wow, das gibt mir Mut“ oder „wenn sie das kann, dann schaffe ich es doch erst recht“. Diese Einstellung von nicht behinderten Menschen, sich von behinderten Menschen inspirieren zu lassen und sich damit aufzuwerten, nannte die verstorbene australische Aktivistin, Journalistin und Comedian Stella Young „Inspiration Porn“. Besser ist es, Menschen mit Behinderung auf Augenhöhe zu begegnen und sie für sich sprechen zu lassen.
Diese 5 Tipps sollen ein Anfang sein für eine inklusive Kommunikation und nicht das Ende. Denn nichts ist doch für eine Kreativabteilung schöner, als komplett neu zu denken, eingefahrene Stereotype hinter sich zu lassen und Aufmerksamkeit mit Storys zu erzeugen, die auch behinderte Menschen wirklich toll finden.