Frau Süptitz, die GfK befragt im Rahmen der internationalen „Consumer Life“-Studie jährlich Konsument*innen. Welchen Trend sollte jemand, der oder die im Marketing tätig ist, 2023 unbedingt im Blick haben?
Werte wie Sparsamkeit oder Bescheidenheit werden im Zuge der Inflation wieder wichtiger. Die Preissteigerungen, die wir aktuell beobachten, führen dazu, dass die Konsumenten Handelsmarken statt Markenprodukte kaufen oder auf alle Dinge verzichten, die sie nicht unbedingt brauchen. Bei technischen Konsumgütern spielt Premium immer noch eine große Rolle.
Wie passt das zusammen?
Auf der einen Seite gibt es Menschen, die nicht wissen, wie sie mit ihrem Haushaltseinkommen zurechtkommen sollen. Diese Gruppe macht etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Auf der anderen Seite stehen die krisenfesten Konsumenten, die auch weiterhin bereit sind, Geld für Qualität und Innovation auszugeben.
Die Langzeitstudie wird in 25 Ländern durchgeführt. Welcher kulturelle Unterschied hat Sie in jüngster Zeit am meisten überrascht?
In vielen Ländern in Europa sieht man eine Veränderung in Richtung Postmaterialismus. Während harte Arbeit vor allem in Großbritannien wichtig ist, liegt die Priorität hier nicht mehr auf Werten wie harter Arbeit oder Pflichtbewusstsein. Stattdessen sind Werte wie Hilfsbereitschaft oder soziale Toleranz während der vergangenen 25 Jahre immer wichtiger geworden. Das zeigt, dass die Menschen näher zusammengerückt sind.
Wie können Marken sich die Werte ihrer Konsument*innen im Zuge einer Kaufentscheidung zunutze machen?
Indem Marken sie auch auf einer emotionalen Ebene abholen. Werte beeinflussen unser Kaufverhalten. Mal mehr und mal weniger, abhängig von der Warengruppe, von der wir sprechen. Aber grundsätzlich gilt: Menschen werden eher eine Marke kaufen, deren Werte sie teilen, vor allem wenn sie es sich finanziell leisten können. Für diese Marken geben sie dann auch mehr Geld aus und sind ihnen länger treu.
Welchem Trugschluss in Bezug auf Zielgruppen sollte man nicht aufliegen?
Nicht jeder Mensch, der zu einer bestimmten Altersgruppe gehört, tickt gleich, weswegen wir mit psychografischen statt soziodemografischen Segmentierungen arbeiten. Und Marken sollten sich nicht nur damit beschäftigen, wie sie Zielgruppen ansprechen, also was ihnen wichtig ist, sondern auch anschauen, womit sie auf Ablehnung stoßen können.