Die Attacken kommen inzwischen im Wochen-, wenn nicht Tagestakt. „Fakebook“! „Facebook ist in ernsthaften Schwierigkeiten – die Abwärtsspirale hat begonnen„. „Facebook sollte wie die Zigarettenindustrie reguliert werden.“
Wohl kaum ein Internetkonzern steht aktuell so unter Beschuss wie das einstige Vorzeige-Startup Facebook. Die massive Kritik in Richtung des drittwertvollsten Internetkonzerns kommt nicht nur von ehemaligen Mitarbeitern und der Branchenpresse, sondern inzwischen auch von frühen Investoren.
„Mark ist nicht ehrlich in dem, was er in diesem Jahr bisher gesagt hat“
Gestern kritisierte der im Silicon Valley legendäre Wagnisfinazierer Roger McNamee (Elevation Partners) Mark Zuckerbergs forcierte Bemühungen, die Verbreitung von Fake News einzudämmen, als unaufrichtig. „Ich glaube nicht, dass Mark ehrlich in dem ist, was er in diesem Jahr bisher gesagt hat“, watschte Zuckerbergs früherer Mentor seinen einstigen Schützling gestern im Finanzsender CNBC ab.
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Facebook’s brand more damaged than the stock, says ex-Zuckerberg mentor from CNBC.
Zu Jahresbeginn hatte Mark Zuckerberg 2018 „zum Jahr der großen Selbstverbesserung“ ausgerufen. „Facebook hat eine Menge Arbeit vor sich – sei es, dass unsere Gesellschaft vor Hass und Missbrauch und gegen die Einmischung von Staaten geschützt werden muss oder wir sicherstellen müssen, dass die Zeit, die wir auf Facebook verbringen, gut angelegt ist“, erklärte der Facebook-CEO zu Jahresbeginn in einem viel beachteten Post seine alljährliche Herausforderung, die in der Vergangenheit darin bestanden hatte, mit Schlips im Büro zu erscheinen oder Mandarin zu lernen.
„Facebook handelt gewissenlos. Als Aktionär bin ich alarmiert“
Roger McNamee kauft Zuckerberg seine Ankündigungen indes nicht ab. „Facebook handelt gewissenlos. Als Aktionär bin ich alarmiert. Sie hören einfach nicht zu. (…). Facebook hat eine Menge Probleme, denen sie sich stellen müssen – etwa ihr Verhältnis zum Land, in dem sie leben oder mit Westeuropa. Diese Probleme sind nicht klein“, zieht McNamee vom Leder.
Als Hauptproblem identifiziert McNamee dabei das schwindende Nutzervertrauen. „Social Media-Unternehmen können nicht ohne das Vertrauen der Nutzer überleben. Vor allem Facebook schadet sich sehr“, führt der 61-Jährige weiter aus.
„Facebook und Google sind wie Tabakkonzerne und Drogendealer“
Der legendäre Tech- und Internetinvestor gehört zu den schärfsten Kritikern des Social Networks. „Facebook und Google beanspruchen das Verdienst für sich, den Nutzern zu geben, was sie wollen. Dasselbe kann man auch über Tabakkonzerne und Drogendealer sagen“, hatte der Wagnisfinanzierer-Pionier Ende vergangenen Jahres erklärt.
Wegen der immer größeren Machtkonzentration wünscht sich McNamee wie auch Silicon Valley-Kritiker Scott Galloway regulatorische Eingriffe bis hin zu einer Aufspaltung der Defacto-Monopolisten Facebook, Google und Amazon.
Desaströses öffentliches Bild
Facebook selbst macht beim Versuch, dem wachsenden öffentlichen Druck am Social Network zu begegnen unterdessen einen immer kläglicheren Eindruck. Die anhaltende Sprachlosig- und Phrasenhaftigkeit Facebooks dokumentierte unterdessen Digitalexperte Richard Gutjahr auf der South by Southwest (SXSW) in Austin, Texas.
Das weltgrößte soziale Netzwerk kann in seiner Kommunikation im Moment offenkundig nichts mehr richtigmachen: Egal, wie sich Facebook aktuell äußert – es endet im Desaster. Erst Ende Februar hatte sich Werbechef Rob Goldman auf Twitter mit Äußerungen über die andauernden Ermittlungen um die russischen Einmischungen der vergangenen US-Wahl mittels Anzeigen auf Facebook blamiert. Nach 48 Stunden im Fegefeuer der sozialen Medien musste Facebooks Werbechef bedröppelt mit einer Entschuldigung zurückrudern.