Herr Ehlers, in den vergangenen Tagen war vielfach von Hamsterkäufen die Rede. Dabei ging es vor allem um Klopapier, Konserven, Nudeln oder Mehl. In welcher Größenordnung steigt die Nachfrage nach Ihren Tiefkühlprodukten?
HINNERK EHLERS: Wir sehen eine Steigerung im hohen zweistelligen Bereich – etwa um 50 Prozent – für die Marke Frosta. Die Nachfrage nach unseren Artikeln steigt in allen Ländern, die wir bedienen – auch in Italien. Unsere Werke laufen auf Hochtouren und unsere Mitarbeiter an den Produktionslinien machen einen tollen Job.
In welchem Maße belastet Sie die Schließung vieler Hotel- und Gastronomiebetriebe?
Hier brechen die Bestellungen der Großhändler komplett ab. Die Situation ist dramatisch für die Gastronomie und damit nun auch für die Großhändler. Wir setzen die Rohwaren nun für andere Kanäle ein, bleiben aber in engster Abstimmung, um vorbereitet zu sein, wenn sich die Situation wieder entspannt.
Wenn die Politik Versorgungssicherheit verspricht, müssen die Grenzen für den Warenverkehr geöffnet bleiben.“
Verzeichnen Sie unter dem Strich dennoch einen steigenden Absatz?
Ja, in Summe sind die Auslieferungen in den letzten Wochen sehr stark gestiegen. Wir können die Rückgänge im Bereich Foodservice gut kompensieren.
Vita: Hinnerk Ehlers
Hinnerk Ehlers ist seit 2010 Vorstand Marketing, Vertrieb & Personal bei Frosta. Bevor er 2009 zum Tiefkühlspezialisten gewechselt ist, stand der Werbekaufmann und Betriebswirt zehn Jahre lang in Diensten von Beiersdorf. Er war unter anderem Marketing Director und Geschäftsführer der kanadischen Niederlassung des Konsumgüterkonzerns. Nach seinem Studium an der Universität Kiel war Ehlers von 1994 bis 1999 zunächst beim Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé angestellt.
Wie steht es um den Bezug von Rohwaren, vor allem Obst aus Südeuropa?
Wir beziehen Rohwaren aus vielen Regionen und Ländern. Hier muss die Politik handeln. Wenn sie Versorgungssicherheit verspricht, müssen die Grenzen für den Warenverkehr geöffnet bleiben. Und der Verkehr muss fließen. Auf der Straße, aber auch auf See.
Wie halten Sie die Produktionsfähigkeit an Ihren Produktionsstandorten aufrecht und gewährleisten gleichzeitig die Sicherheit der Belegschaft?
Wir haben ein Expertenteam, welches in engster Abstimmung mit Medizinern alle Maßnahmen umsetzt, um die Produktion aufrecht zu halten und gleichzeitig den Schutz der Mitarbeiter sicherzustellen. Eine strikte Schichttrennung und sehr strenge Regeln bezüglich der Hygiene gehören neben vielem anderen dazu.
Hatten Sie bereits bestätigte Krankheitsfälle in der Belegschaft?
Bisher haben wir einen Fall aus der Verwaltung, der sich wohl im Skiurlaub angesteckt hat. Er hat vorbildlich reagiert und war erst gar nicht ins Büro gekommen. Es geht ihm übrigens recht gut, er hat nur milde Symptome.
In unserer Serie „Knopf an 2019 – Kopf an, 2020“ beschreibt Hinnerk Ehlers, Vorstand Marketing, Vertrieb & Personal von Frosta, welche besondere Herausforderung es für den Tiefkühlproduzenten ist, schon früher als die Konkurrenz auf das Thema Nachhaltigkeit gesetzt zu haben.
Gibt es Krisenszenarien, nach denen kleinere Standorte geschlossen werden könnten, um größere am Laufen zu halten?
Unsere Experten simulieren alle Optionen.
Hat die Corona-Krise Ihre Marketingkommunikation verändert?
Wir haben bis auf Weiteres unsere Kommunikation stark runtergefahren. Unsere Kommunikation mit einem Augenzwinkern wirkt für uns aktuell nicht passend. Da hat das Marketingteam sehr schnell reagiert.
Wir spüren, dass unsere Mitarbeiter irgendwie auch ihre Rolle für die Gesellschaft sehen. Lebensmittel müssen weiter verfügbar bleiben.“
Die Marke Frosta zählt zu den bekanntesten im Tiefkühlbereich – dennoch steht dahinter kein Konzern, sondern ein Familienunternehmen. Können Sie gegenwärtig absehen, ob Frosta auch staatliche Hilfen in Anspruch nehmen muss?
Wir sind aber ja auch eine Aktiengesellschaft und unsere Aktien werden gehandelt. Viele Mitarbeiter bei Frosta sind zudem mit eigenen Aktien am Unternehmen beteiligt. Wir sind sehr gut aufgestellt und unsere Eigenkapitalquote ist sehr gut. Auch die Liquidität passt soweit. Aber eine Prognose kann ich nicht abgeben. Wichtig ist in diesen Zeiten, dass alle Parteien wirklich partnerschaftlich zusammenarbeiten.
In einem Gastbeitrag für die absatzwirtschaft haben Sie im Januar noch geschrieben „Wir gehen das Jahr 2020 optimistisch an.“ Damals war noch nicht zu ahnen, was auf Sie und uns alle zukommt. Gibt es dennoch etwas, das Sie im Moment zuversichtlich stimmt?
Mich stimmt besonders zuversichtlich, wie unsere Mitarbeiter miteinander umgehen. Die Stimmung und das Miteinander sind tatsächlich so gut wie nie. Täglich müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden. Nahezu alles passiert für das Management virtuell in zahllosen Videomeetings. Der Krankenstand in den Werken ist aktuell geringer also sonst zu dieser Jahreszeit. Wir erleben ein tolles Pflichtbewusstsein und wir spüren, dass unsere Mitarbeiter irgendwie auch ihre Rolle für die Gesellschaft sehen. Lebensmittel müssen weiter verfügbar bleiben. Am vergangenen Freitag haben sich einige Manager gemeldet, um in ihrer Freizeit in der Produktion auszuhelfen. Ich glaube, das sagt alles.