Eine aktuelle Markterhebung im Auftrag der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) hat sich mit der Frage beschäftigt, wie künftig vermarkter-, browser-, endgeräte- und sessionübergreifende digitale Werbekampagnen eingekauft, ausgesteuert, optimiert und gemessen werden können.
Ein Ergebnis der Untersuchung ist, dass vor allem die publisherübergreifenden digitalen Werbekampagnen von den Marktentwicklungen betroffen sind, während alle direkten Buchungen bei einem Publisher oder einer Plattform nicht oder nur vorübergehend beeinflusst werden. Dies ist laut OWM darauf zurückzuführen, dass Plattformen meist mit eigenen First-Party-Daten in hoher Qualität und Reichweite in hoheitlich kontrollierten, teils Log-in-pflichtigen Systemen arbeiten. Damit seien sie von den regulatorischen und technologischen Veränderungen kaum beeinflusst.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der OWM-Analyse waren fast einstimmig der Ansicht, dass die Marktentwicklungen die Plattformen in ihrer Marktposition weiter stärken. Dem offenen Markt hingegen müsse es gelingen, sich neu aufzustellen. Er sei heute zu einem relevanten Anteil von Werbeumsätzen abhängig, die auf Third-Party-Cookies und Äquivalenten basieren.
Was Marken jetzt machen müssen
Folgende Maßnahmen sind laut OWM-Erhebung nötig:
- Fokus auf die eigenen Nutzer- und Nutzungsdaten, inklusive einer forcierten Log-in-Strategie (Publisher First-Party-Data Strategie)
- Implementierung von ID-Lösungen, um unabhängig von Third-Party-Cookies und Äquivalenten zu werden
- Versuch der Etablierung konzentrierter, publisherübergreifender ID-Lösungen und Standardisierungen, um wettbewerbsfähig mit den Plattformen zu bleiben
- Umstellungen der herkömmlichen browserbasierten („Client“)-Datenkommunikation auf eine serverbasierte Schnittstellenarchitektur, um sich gegen weitere technologische Restriktionen der Browser- und Betriebssystemhersteller zu wappnen.
Für Werbungtreibende gilt es, im Zuge der eigenen First-Party-Data-Strategie strategisch zu entscheiden, mit welchen ID-Lösungen sie künftig zusammenarbeiten, um die eigenen Daten für die eigenen Marketingaktivitäten zu aktivieren.
Alternativen zu Third-Party-Cookies müssen her
„Wir wissen, dass das System der Third-Party-Cookies suboptimal ist: Schon jetzt sind durch Ad-Blocker, Browser-Tracking-Preventions und Matchingverluste lediglich ein Drittel der Nutzer hierüber überhaupt erreichbar“, sagt Arne Kirchem. Entscheidend werde laut OWM-Vorstand sein, „ob es dem Markt gelingt, Alternativangebote zu schaffen, die mit der heutigen Third-Party-Cookie-Welt mindestens mithalten können, im Idealfall besser sind“. Vermieden werden müsse dabei „ein Dschungel von nur Teilbereiche umfassenden ID-Lösungen oder Cleanroom-Silos, dessen Durchdringung für Werbungtreibende nur unter erheblichem technischen und Ressourcen-Aufwand möglich ist“, sagt Kirchem.
Christine Diener, Leiterin Digital bei der OWM, appelliert derweil, die verbleibende Zeit zu nutzen: „Zwar haben wir durch die Ankündigung Googles, Third-Party-Cookies im Chrome Browser erst 2023 zu blockieren, Zeit gewonnen, dies hat aber nur dann einen Wert, wenn die Zeit auch genutzt wird.“
Die Untersuchung, die von der OWM beauftragt und exklusiv an ihre Mitglieder verteilt wurde, führte Joachim Schneidmadl von JS Consulting & Equity von April bis Juli 2021 durch. Es wurde eine umfangreiche Marktrecherche sowie die Auswertung von Expertenfragebögen von Unternehmen aus den Bereichen Digitalvermarktung, Advertising Technology und ID-Lösungen vorgenommen.
Die Ergebnisse der OWM-Studie werden auch auf der Dmexco besprochen. Unter dem Titel „3rd Party Cookie-Out – what is the situation on the market?“ diskutieren am Mittwoch (8. September; 12:40 bis 13:10 Uhr) Arne Kirchem (OWM), Christian Bachem (M.O.M. Markendienst), Jin Choi (Facebook), Achim Schlosser (Net ID) und Abdelkader Barjiji (Ströer).