First-Party-Cookies: „Unternehmen müssen eigene Datenbasen aufbauen“

Google hat sich vom Ende der Third-Party-Cookies verabschiedet. Trotzdem sollten Unternehmen in eine Infrastruktur investieren, um First-Party-Cookies zu erheben, sagt Bastian Mathes, Chief Product Officer bei Track.
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"Nutzer*innen lehnen Tracking ab, wenn nicht klar ist, was mit den Daten passiert", sagt Bastian Mathes. (© Track)

In der vergangenen Woche kündigte Google an, nun doch an den Third-Party-Cookies seines Browsers Chrome festzuhalten. Ein Schritt, der auf Druck von Werbebranche und Wettbewerbsbehörden folgte. Für Expert*innen kam dieser Schritt nicht überraschend. Trotzdem sollten Unternehmen in First-Party-Datenstrategien investieren. Das sagt Bastian Mathes, Chief Product Officer der Agentur Track, im Interview.

Herr Mathes, Google hat das Ende vom Ende der Third-Party-Cookies eingeläutet. Was bedeutet das für die digitale Werbelandschaft und das Online-Tracking?

Unabhängig davon, ob Third-Party-Cookies bleiben oder nicht, ändert das nichts an dem übergeordneten Trend hin zu mehr Datenschutz und Nutzertransparenz. Google plant, den Nutzer*innen mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben, ähnlich wie Apple es mit seinen App-Tracking-Opt-in-Systemen getan hat. Viele werden sich wahrscheinlich gegen das Tracking entscheiden, was die Relevanz von First-Party-Daten weiter erhöhen wird.

Hat sich das Nutzerverhalten bereits stark geändert?

Ja, Nutzer*innen sind heute bewusster und selektiver. Sie lehnen Tracking ab, wenn nicht klar ist, was mit den Daten passiert und welchen Vorteil sie durch ihre Zustimmung zur Datenerhebung und -nutzung haben. Daher bleibt die Notwendigkeit bestehen, alternative Methoden zur Datenerhebung und -nutzung zu entwickeln.

Warum sind First-Party-Daten für Unternehmen so wichtig, insbesondere im Kontext von Personalisierung und Kundenbindung?

First-Party-Daten sind entscheidend, weil sie direkt von den Nutzer*innen kommen und daher Kundeninteraktionen präzise und zuverlässig erfassen. Sie ermöglichen es Unternehmen, ihre Kund*innen besser zu verstehen und personalisierte Angebote und Inhalte zu erstellen. Dies führt zu einer stärkeren Kundenbindung und besseren Konversionen, da die Kommunikation relevanter und zielgerichteter ist. Die Kontrolle liegt bei den Unternehmen, sodass sie einen DSGVO-konformen Umgang besser gewährleisten können und eine direkte und vertrauensvolle Beziehung zu den Kund*innen erlauben.

Welche Methoden und Strategien empfehlen Sie Unternehmen zur Erhebung von First-Party-Daten?

Unternehmen können verschiedene Methoden nutzen, um First-Party-Data zu sammeln, zum Beispiel Nutzungsdaten von Webseiten und Apps, Transaktionsdaten, Newsletter-Anmeldungen oder auch Loyalitätsprogramme. Hier ist durchaus Kreativität gefragt. Durch die Kombination verschiedener Maßnahmen entsteht ein detailliertes Bild der Kund*innen und ihrer Bedürfnisse. Wichtig ist hier vor allem ein ganzheitlicher Blick auf die Customer Journey.

Welche technologische Infrastruktur benötigen Unternehmen, um First-Party-Daten effektiv zu erfassen und zu nutzen?

Das kommt auf den Verwendungszweck an. Aber im Grunde braucht es immer eine Kombination aus Tools für die Erhebung und Analyse von Daten, deren Speicherung und Integration sowie die Datenaktivierung, zum Beispiel im Rahmen von Marketingautomatisierung. Für die Personalisierung von Kommunikation bietet sich die Nutzung einer Customer Data Plattform in Kombination mit einem Real Time Interaction Management System an.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Erhebung und Nutzung von First-Party-Daten?

Neben den Technologie- und Datenschutzanforderungen, die erfüllt sein müssen, gibt es vor allem organisatorische Hürden, da viele Unternehmen noch in Silos arbeiten und eine nahtlose Customer Experience über verschiedene Abteilungen hinweg oft schwierig zu realisieren ist. Es fehlt oft an der Integration und Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen, was die Nutzung der Daten ineffizient machen kann.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei der Erhebung, Analyse und Nutzung von First-Party-Daten?

KI spielt eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Datenanalyse und Personalisierung. Sie kann große Datenmengen schnell verarbeiten und Muster erkennen, die zur Erstellung hochgradig personalisierter Nutzererlebnisse genutzt werden können. Beispielsweise kann KI dabei helfen, Segment-of-One-Strategien zu implementieren, bei denen die Kommunikation individuell auf jeden einzelnen Nutzer zugeschnitten ist. Bei großen Kundenstämmen ist der Einsatz von KI unverzichtbar, um diese Personalisierung effizient und kostengünstig zu ermöglichen.

Welche weiteren Technologien oder Ansätze können die Erhebung und Nutzung von First-Party-Daten verbessern?

Es gibt einige relevante Technologien und innovative Ansätze, sie sind aber nicht so transformativ wie KI. Vielmehr sind es die übergeordneten Trends, wie die zunehmende Bedeutung direkter Kundenbeziehungen und ein besseres Verständnis von Relevanz. Unternehmen müssen sich darauf konzentrieren, eigene Datenbasen aufzubauen und diese effektiv zu nutzen, um personalisierte und relevante Angebote zu schaffen.

Gibt es abschließend noch etwas, das Sie Unternehmen mit auf den Weg geben möchten, die ihre First-Party-Datenstrategie verbessern wollen?

Es ist wichtig, eine Kultur und ein abteilungsübergreifendes Zusammenarbeitsmodell für datenbasierte, nutzerzentrierte Ansprache entlang der gesamten Customer Journey zu fördern und sicherzustellen, dass alle Teams die Bedeutung von First-Party-Daten verstehen und unterstützen. Unternehmen sollten in die notwendige technologische Infrastruktur investieren und sich ständig weiterbilden, um mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten. Nur so können sie langfristig erfolgreich sein und den steigenden Anforderungen der Kund*innen gerecht werden.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.