„Finde Deine Nische und werde darin der Beste“: Was wir von den „geheimen Weltmarktführern“ lernen können

Aus der Nische in die Welt: B2B-Hochkaräter des deutschsprachigen Mittelstands diskutierten auf dem 3. Hidden Champions Gipfel über Innovation, Globalisierung und Digitalisierung und geben Einblicke in ihre Erfolgsstrategien.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es mehr als 1500 Hidden Champions. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von sieben Prozent über die letzten 20 Jahre sind die „unbekannten Weltmarktführer“ nicht nur maßgebliche Stützen und Treiber der deutschen Wirtschaft, sondern auch global erfolgreich und den oftmals mehr im Rampenlicht stehenden, bekannteren Großunternehmen um Längen voraus. Geprägt hat den Begriff vor rund 30 Jahren Prof. Hermann Simon, Gründer und Honorary Chairman der globalen Strategieberatung Simon-Kucher & Partners. Seit 2007 richtet er bzw. Simon-Kucher alle fünf Jahre den „Hidden Champions Gipfel“ aus – so wie auch jüngst Mitte September in Frankfurt.

Neun der „geheimen“ Weltmarktführer waren zu Gast und gaben einen Einblick in ihre Erfolgsgeheimnisse: Unternehmensvertreter von Arri, Busch, Deutsche Werkstätten, Enercon, Frequentis, der Rosen Gruppe, TeamViewer, Volocopter und Zwilling J.A. Henckels. So unterschiedlich ihre Branchen und Tätigkeitsbereiche auch sind, sie alle kennzeichnet eines: absolute Fokussierung. Es ist die hohe Spezialisierung in Produkte und Know-how, die es den Hidden Champions ermöglicht, sich gegen die Giganten auf dem Markt zu behaupten. Sie sind die Speerspitze der deutschen Wirtschaft.

Keine Story von gestern

Laut Prof. Simon sind es im Wesentlichen drei Faktoren, welche die Hidden Champions erfolgreich gemacht haben und auf die sie auch in Zukunft setzen müssten: Globalisierung, Digitalisierung und Innovation. Zu letzterem präsentierte er auf dem Hidden Champions Gipfel prägnante Zahlen: So kommen die „geheimen Gewinner“ zum Beispiel auf 31 Patente pro tausend Mitarbeiter, Großunternehmen dagegen nur auf sechs Patente pro tausend Mitarbeiter.

Die Zahlen sprechen auch unter einem wirtschaftlichen Aspekt für sich: Mit rund 2,7 Mio. Euro pro Patent sind die Kosten bei Großunternehmen rund fünf Mal so hoch wie bei Hidden Champions (rund 0,529 Mio. Euro). Sein Fazit: „Die Hidden Champions sind keineswegs eine Story von gestern.“ Natürlich müssten sie sich weiter anstrengen, aber im Hinblick auf Globalisierung, Innovation und Digitalisierung befänden sie sich in einer nahezu idealen Flugbahn. „Die Zukunft gehört den Hidden Champions.“

Erfolg aus der Nische heraus

Wie baut man als Mittelständler aus der Provinz ein global agierendes Unternehmen auf? Wie setzt man sich als deutsches Startup gegen übermächtige Konkurrenz aus Silicon Valley durch? In den Podiumsdiskussionen plauderten die Hidden Champions auch aus dem Nähkästchen und gaben konkrete Beispiele, mit welchen Strategien und Philosophien sie im Wettbewerbsumfeld nicht nur bestehen, sondern auch wachsen.

Hohe Fertigungstiefe

Hermann Rosen beispielsweise, Gründer und Präsident der Rosen Gruppe – Technologie- und Weltmarktführer in der Pipeline-Inspektion – begründet den Wettbewerbsvorsprung und schließlich den Unternehmenserfolg mit der extrem hohe Fertigungstiefe. Der Großteil der Inspektionsgeräte wird von der Rosen Gruppe selbst hergestellt. „Das sichert nicht nur die Qualität, sondern ermöglicht uns zudem ein höchstes Maß an Unabhängigkeit und Flexibilität“, erklärt Rosen.

Nachhaltigkeit

Das Prinzip der Nachhaltigkeit nennt das Unternehmen Enercon, deutscher Markt- und Technologieführer im Bereich Onshore-Windenergie, als einen der Knackpunkte für seinen Erfolg. „Etwas wagen, das Lehrbuch auch mal beiseite legen, anders sein als andere“, so die Schlagworte von Hans-Dieter Kettwig, Geschäftsführer von Enercon.

Führung

Für Ayla Busch, Geschäftsführerin und Eigentümerin von Busch SE, Weltmarktführer bei Vakuumpumpen, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Art der Führung. Gemeinsam mit ihren Eltern und ihren zwei Brüdern leitet sie das international tätige Familienunternehmen. „Wir vertrauen unseren Mitarbeitern voll und ganz und setzen auf Netzwerke anstatt auf Hierarchien. Wir begegnen einander tagtäglich auf Augenhöhe“, so Busch.

Globale Partnerschaften

Das Unternehmen TeamViewer, mit Fernwartungssoftware Weltmarktführer für die globale Vernetzung, weiß um die Bedeutung von auf geografischer Nähe. „Wir haben zum Beispiel ein Büro im Silicon Valley, dort sitzen nur zwei Mitarbeiter – aber sehr wichtige“, erklärt CEO Andreas König. „Sie kümmern sich um die Kooperationen.“ Denn für einen deutschen Software-Hidden-Champion, der sich eine Nische ausgesucht hat und sich dort auf eine Technologie fokussiert, sind starke globale Partnerschaften unerlässlich.

Darüber hinaus fielen von den Hidden Champions im Laufe der Veranstaltung Schlagwörter und Sätze wie „Anpassungsfähigkeit“, „täglich lernen“, „offen für das Fremde“, „den Kunden mit auf die Reise nehmen“. Der Tenor aber, der bei allen neun Unternehmen im Fokus stand: „Finde Deine Nische und werde darin der Beste.“ Das griff auch Dr. Georg Tacke, CEO von Simon-Kucher & Partners, in seinem Schlusswort auf: „Die Hidden Champions denken langfristig, sie folgen ihrem gesunden Menschenverstand, setzen auf ihre Stärke und gehen ihren ganz eigenen Weg! Mit Benchmarking wird man bestenfalls ‚second best‘, aber nicht Weltmarktführer.“

ZUERST ERSCHIENEN BEI MARCONOMY.DE