Organisationen funktionieren gut, wenn die Anreize für die Beteiligten so sind, dass alle in die gleiche Richtung laufen. Wenn Aktionäre das Ziel möglichst hoher Kurssteigerungen haben, statten sie die Managerinnen und Manager am besten mit Aktienoptionen als Boni aus, sodass diese aus eigenem Interesse dieses Ziel verfolgen. Wenn der Vertrieb viel verkaufen soll und man ihn mit einer Umsatzprovision ausstattet, verkauft er schon aus Eigennutz möglichst viel.
In der Markenkommunikation ist die Sache komplizierter. Zunächst einmal fehlen hier häufig klare Ziele. Agenturen wissen oft nicht genau, woran sie gemessen werden. Es liegt der Verdacht nahe, dass dies auch für Auftraggeber im Marketing gilt. Zu Marketing und Agenturen gesellt sich noch die Einkaufsabteilung, die meist klare Ziele verfolgt, nämlich Einsparungen. Es gelingt leider nicht oft, diese drei auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören.
Marketer sprechen von Investitionen, der Einkauf von Kosten
Während es nicht schwierig ist, gemeinsame Anreize für Marketing und Agenturen zu setzen, tickt der Einkauf meist anders. Durch die fehlenden oder abweichenden Ziele unterscheiden sich die Perspektiven von Einkauf und Marketing beim Thema Markenkommunikation erheblich. Wo Marketer hier von Investitionen in Markenkommunikation sprechen, die sich für das Unternehmen verzinsen, sieht der Einkauf nur Kosten.
In der Markenkommunikation fehlen häufig klare Ziele.
Die abweichenden und unklaren Ziele sorgen dafür, dass alle für sich genommen rational agieren, aber im Ergebnis kein optimales Resultat erzielen. Investitionen nimmt man vor, solange sie positive Rendite abwerfen. Kosten senkt man, wenn irgend möglich. Das Marketing möchte verkaufen und profitiert von Absatzerfolgen, der Einkauf will sparen und wird an Einsparungszielen gemessen. Dabei sind die Ziele des Einkaufs häufig präzisier als die des Marketings. Die Agenturen müssen also mit unklaren Zielen des Marketings und konkreten Einsparzielen des Einkaufs zurechtkommen. Das kann nicht funktionieren, es muss einfach knirschen.
Wie kommt man da raus? Die Einführung präziserer Ziele wäre ein erster Schritt. Zudem wäre viel gewonnen, wenn auch der Einkauf Kommunikation als Investment begreift und von Absatzerfolgen profitiert. Er sollte von Beginn an am Verhandlungstisch sitzen und nicht erst am Ende bei Preissenkungsrunden. Der Einkauf sollte auch die Agenturleistungen und den Zusammenhang von Preis und Qualität besser verstehen. Es geht um ein komplexes Produkt, bei dem klar sein muss, wie sich Einsparungen auf die Qualität auswirken. Es wäre allen geholfen, vor allem aber den Unternehmen, wenn diese Widersprüche in den Anreizen im System reduziert oder beseitigt werden.
Larissa Pohl ist Präsidentin des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA und CEO von Wunderman Thompson in Deutschland. Als Kolumnistin schreibt sie über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen.