Frau Risius, wie schlagen sich die deutschen Familienunternehmen im „War of Talents“?
Sie sind grundsätzlich gut aufgestellt und engagiert, das hat unsere Studie gezeigt. Wir haben zwischen mittleren Familienunternehmen (50 bis 249 Mitarbeitende) und großen Familienunternehmen (ab 250 Mitarbeitende) unterschieden. Natürlich hat nicht jeder Arbeitgeber die Ressourcen, um weitreichende Benefits zur Rekrutierung neuer Fachkräfte aufzubieten. Worauf es ankommt, ist, ein Gesamtangebot zu schaffen, was in sich stimmig ist und einen treffenden Eindruck vom Unternehmen und seinen Werten vermittelt. Es gibt natürlich Bereiche, in denen sie noch nachsteuern können.
Welche sind das?
Das betrifft beispielsweise die zielgruppengerechte Ansprache, die richtige Auswahl der Social-Media-Kanäle oder dass die Angaben auf Karriereseiten und in Stellenanzeigen manchmal voneinander abweichen. Das kann aus Sicht eines Bewerbers oder einer Bewerberin verwirrend wirken.
Woran hapert es bei der zielgruppengerechten Ansprache?
Gerade für Gruppen, die in bestimmten Berufen weniger repräsentiert sind, wäre es wichtig, in Stellenanzeigen gezielt angesprochen zu werden. Ein Beispiel hierfür sind Frauen in sogenannten „männertypischen Berufen“. Ein anderes Zielgruppenthema ist die Rekrutierung von internationalen Fachkräften. Familienunternehmen könnten diese Gruppe stärker mitdenken, indem sie Karriereseiten oder Stellenanzeigen auch ins Englische übersetzen.
Was machen Familienunternehmen beim digitalen Recruiting schon gut, vielleicht auch besser als Konzerne?
Wir wissen aus anderen Studien, dass es Familienunternehmen etwas schwerer bei der Mitarbeitergewinnung haben, etwa wenn es um Fachkräfte für die digitale Transformation geht. Es macht also Sinn, dass sie ihre Aktivitäten im Bereich Employer Branding erhöhen.
Ein Thema, mit dem Familienunternehmen sich heute bereits positiv bei potenziellen Bewerber*innen auszeichnen, ist ihre Glaubwürdigkeit. Sie erzählen online die Unternehmensgeschichte, aus der sich oft erschließen lässt, was die Zusammenarbeit im Unternehmen prägt. Viele unterstreichen ihre Qualitäten und Angebote zudem mit Arbeitgebersiegeln.
Wie stark werden soziale Medien in die Fachkräftegewinnung eingebunden?
Die meisten der von uns untersuchten Familienunternehmen sind in den sozialen Medien unterwegs. Das ist gut und wichtig, weil dies die Kanäle sind, auf denen sich die jungen Menschen aufhalten. Die Karriereseiten im Netz müssen aber auch mit den Social-Media-Kanälen verlinkt sein, was bisher nicht immer der Fall ist. Auch die Auswahl der Kanäle will gut überlegt sein. In unserer Studie waren die meisten Unternehmen auf Facebook und LinkedIn vertreten, die junge Zielgruppe ist heute allerdings verstärkt auf Instagram und TikTok unterwegs.
Familienunternehmen können als Arbeitgebermarken nahbarer und authentischer als Konzerne auftreten. In Ihrer Studie nennen Sie das „Werte erlebbar machen“. Was ist damit gemeint?
Es geht in erster Linie darum, zu kommunizieren, wofür man als Unternehmen steht. Das geht bei Familienunternehmen gerne in die Richtung: Wir wollen innovativ sein, gleichzeitig aber auch die Tradition bewahren und nachhaltig arbeiten. Dazu gehören auch Benefits in Bereichen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Mobilität oder Gesundheitsvorsorge.
Haben Sie abschließend noch einen Ratschlag für Unternehmen?
Die Unternehmen sollten Haltungen und Werte in ihrer Kommunikation mit Leben füllen. Manche unterlegen ihre Darstellung mit Storytelling, andere – und das finde ich ganz spannend – machen sie mit Zahlen, Daten und Fakten greifbar, zum Beispiel zum Thema Diversity: Wie viel Prozent der Mitarbeitenden sind weiblich, in bestimmten Altersgruppen, haben einen Migrationshintergrund oder eine Behinderung? Die Unternehmen unterlegen so mit harten Zahlen, inwieweit sie sich für ein Thema wirklich engagieren.