Fahrrad.de: „Wir gehen dorthin, wo unsere Kunden sind“

Fahrrad.de hat seine Wurzeln im klassischen Fahrrandhandel, wurde als Internet Pure Player groß, größer und erfolgreich und eröffnet seit rund einem Jahr wieder stationäre Läden. Was die Fahrrad.de-Mutter Internetstores zu diesem Schritt bewogen hat und wie die Expansion weitergehen soll, verrät Kai Ehlers im Interview.
Kai Ehlers, Director Business Development bei Internetstores (© Internetstores)

Herr Ehlers, Sie haben sich vor etwas mehr als einem Jahr auf den Weg vom Internet Pure Player zum Multi-Channel-Anbieter gemacht. Wie weit sind Sie in den verschiedenen Märkten?

KAI EHLERS: Wir haben inzwischen mit vier unserer Shop-Marken stationäre Aktivitäten gestartet. In Deutschland, wo wir am weitesten sind, ist das Fahrrad.de, in Frankreich agieren wir mit der Marke Probikeshop, in Schweden mit dem Outdoor-Shop Addnature sowie mit unserer Fahrrad-Marke Bikester.

Welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Expansion?

Zum einen ist das Fahrrad mit einer hohen Emotionalität verbunden, diesen Vorteil kann man offline sehr gut verwenden. Wir haben nachgewiesen, dass wir Fahrräder online sehr gut vertreiben können und die Logistik dahinter beherrschen, trotzdem gibt es nach wie vor eine große Kundengruppe, die Lust am Ausprobieren, Anfassen und Testen hat. Diese Kunden sind noch nicht bereit, ein Fahrrad online zu kaufen. Entweder weil sie es nicht ausprobieren können oder weil sie davor zurückschrecken, zwei, drei kleinere Anbauten am Rad selbst zu machen. Ein weiteres Motiv ist, dass wir das Thema Aftersales – also Reparaturen und Inspektionen – online nie richtig lösen konnten. Und nicht zuletzt haben uns die Filialen auch bei der Einführung von Elektrofahrrädern in den Markt unterstützt.


Zur Person: Kai Ehlers (39) ist Director Business Development bei Internetstores. Er verantwortet unter anderem die Integration von Online- und Offline-Vertriebskanälen, den Bereich B-to-B/Bikeleasing sowie die stationären Vertriebskonzepte, eigene Stores und Servicepartner für Fahrrad.de und Bikester.


Wie gehen Sie die Herausforderung der Integration von Online und Offline an?

In erster Linie mit viel Demut. Wir wissen sehr genau, dass uns Offline noch Expertise fehlt, angefangen bei der Verkaufskompetenz und dem Aufbau von Filialteams bis zur Schaffung von Ladenstrukturen und dem Marketing für den stationären Handel. Auf der anderen Seite fühlen wir uns wohl genug, um zu sagen: Genauso wie wir mit Fahrrad.de im E-Commerce nur mit Wasser kochen, tun es die Kollegen im klassischen Fahrradhandel vermutlich auch.

In Deutschland sind sie mit mittlerweile fünf stationären Länden in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Dortmund und Düsseldorf vertreten. Wie sind die Läden angelaufen?

Wir sind zufrieden. Natürlich gibt es Unterschiede in der Entwicklung der einzelnen Läden, aber wir lernen mit jeder Neueröffnung dazu. In unseren jüngsten Shop in Dortmund ist viel Know-how aus den Erkenntnissen der Läden davor hineingeflossen. Wenn der Erfüllungsgrad bei den ersten Läden vielleicht noch bei 20 bis 30 Prozent lag, sind wir jetzt ungefähr bei 60.

Fahrrad.de-Shop in Stuttgart © Internetstores

Was ist dabei die zentrale Herausforderung?

Wir wollen mit unseren Online-Services natürlich auch in den Filialen agieren. Das ist selbstverständlich, wenn man ein „.de“ über der Eingangstür stehen hat. Dazu gehört die Integration von Warenbeständen und von Multi- und Crosschannel-Services wie Click & Collect, die Retourenabwicklung oder das Bestellen in der Filiale. Darüber hinaus geht es um grundsätzliche Dinge, die eine Neueröffnung mit sich bringt, etwa die Kassenanbindung, der gesamte Aufbau und die Belieferung der Stores. Wir sind bestrebt, das alles besonders gut zu beherrschen und tun das meiner Meinung nach auch schon besser als der eine oder andere Konkurrent.

Und was unterscheidet Ihre Stores von denen anderer Wettbewerber?

Die Optik in einem Fahrradladen wirkt ja manchmal ein wenig durcheinander. Wenn Sie in unsere Läden hineinkommen, erwartet Sie ein aufgeräumtes, vielleicht nüchternes, aber doch klares Shop-Design. Wir wollen gar nicht so fancy wie ein Apple-Store sein. Fahrrad.de ist als Marke präsent, der Laden ist aber auch nicht überfrachtet mit großen Screens und irgendwelchen Touch-Pads. Das Geschäft besticht mit dem großen Sortiment im Hintergrund: Der Kunde kann heute etwas bestellen und am nächsten Tag abholen. Diesen Vorteil haben andere Händler nicht.

In welcher Größenordnung soll die Expansion weitergehen?

Wir haben unser optimales Konzept von Größe und Standort gefunden und wollen jedes Jahr etwa zwei bis drei neue Filialen in Deutschland eröffnen. Zudem schauen wir über die deutschen Grenzen hinaus und planen die Expansion in Richtung Skandinavien und in der Schweiz oder Österreich. Die Auswahl neuer Standorte ist sehr stark aus einer Online-Abverkaufs-Historie getrieben – wir gehen dorthin, wo unsere Kunden schon sind und unseren Service brauchen.

Das Interview mit Kai Ehlers lesen Sie in voller Länge in der Print-Ausgabe 1-2/2020 der absatzwirtschaft. Diese und weitere Ausgaben oder ein kostenloses Probeabo der absatzwirtschaft können Sie hier bestellen.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.