Von Nils Jacobsen
Der Himmel schien einzustürzen. Gemessen an den Schlagzeilen, die Facebook im abgelaufenen Quartal mit immer neuen Datenaffären produzierte, mussten Anleger bei Vorlage des neusten Zahlenwerks für das abgelaufene September-Quartal auf das Schlimmste gefasst sein.
Nach Handelsschluss scheint klar: Der Worstcase ist fürs Erste abgewendet. Mit den neusten Geschäftszahlen für den Dreimonatszeitraum von Juli bis September konnte der nach Amazon und Alphabet drittwertvollste Internetkonzern der Welt die Analysten-Erwartungen zwar erneut nicht nach jeder Lesart übertreffen, die größten Sorgen der Wall Street jedoch ausräumen.
Nettogewinn deutlich über Konsensschätzungen
Bei der Gewinnentwicklung lag Facebook deutlich über den Konsensschätzungen, die bei einem Konzernergebnis von 1,47 Dollar je Anteilsschein gelegen hatten. Tatsächlich verdiente der 14 Jahre alte Internetriese im zweiten Quartal 1,76 Dollar je Aktie bzw. 5,14 Milliarden Dollar.
Der Mutterkonzern des weltgrößten sozialen Netzwerks konnte seinen Nettogewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum damit nur noch um neun Prozent steigern – eine deutliche Verlangsamung gegenüber dem Vorquartal, als die Erträge noch um 31 Prozent zugelegt hatten.
Umsatzentwicklung und Nutzerwachstum unter den Erwartungen
Dynamischer legten die Erlöse zu, die nach 10,14 Milliarden Dollar im Vorjahr nunmehr um 33 Prozent auf 13,54 Milliarden Dollar anzogen. Allein: Analysten hatten mit Umsätzen in Höhe von 13,78 Milliarden Dollar gerechnet.
Ebenfalls leicht unter den Erwartungen blieb die Nutzerentwicklung. Die Zahl der monatlich aktiven Nutzer stieg per Ende September gegenüber dem Vorjahresquartal um weitere 10 Prozent auf nunmehr 2,27 Milliarden Mitglieder. Die Analystenschätzungen lagen hingegen bei 2,29 Milliarden Nutzern.
37 Millionen neue Mitglieder im dritten Quartal – nur in Europa Rückgang
Allerdings: Das weltgrößte soziale Netzwerk konnte in den 92 Tagen zwischen Anfang Juli und Ende September damit allen Berichten von einem Nutzerrückgang trotzen und tatsächlich insgesamt 37 Millionen neue Mitglieder hinzugewinnen, obwohl in Europa eine Million Mitglieder weniger gezählt wurde.
1,49 Milliarden Facebooker loggen sich inzwischen täglich in das Social Network ein (ebenfalls plus 9 Prozent im Jahresvergleich bzw. ein Zuwachs von 24 Millionen gegenüber dem Juni-Quartal): Auch die Zahl der täglich aktiven Nutzer lag damit leicht unter den Analystenschätzungen (Konsens: 1,51 Milliarden). Konzernchef Zuckerberg betonte zudem, dass inzwischen 2,6 Milliarden Menschen Apps der Facebook-Familie (inklusive Messenger, WhatsApp und Instagram) mindestens einmal im Monat nutzen – täglich sind es mehr als zwei Milliarden.
Facebook-Aktie fährt nachbörslich Achterbahn
In der anschließenden Telefonkonferenz mit Analysten gab sich Mark Zuckerberg jedoch erstaunlich defensiv und erklärte etwa, dass der Wandel des Newsfeeds von Postings zu Stories einige Zeit dauern dürfte. Zudem räumte der 34-Jährige wenig überraschend ein, dass Facebook mit seinen Video-Bemühungen deutlich hinter YouTube liege.
Nach Handelsschluss fuhr die Facebook-Aktie daraufhin Achterbahn. Zunächst einmal fiel die Reaktion der Wall Street erneut negativ aus – die Aktie brach wegen der Verfehlung der Umsatz- und Nutzerentwicklung im nachbörslichen Handel schnell um fünf Prozent ein.
Dann jedoch drehte der Wind. Anleger konzentrierten sich in der Folge auf die besser als erwartete Entwicklung: Trotz aller Unkenrufe wächst das weltgrößte Social Network auch nach jeder Lesart. Zwei Stunden nach Handelsschluss tendierte die Facebook-Aktie weitgehend unverändert bei 146 Dollar.