„Es ist auf jeden Fall nicht mehr normal, wie viel Aufmerksamkeit dieses Lied bekommen hat“, sagte Bianca Heinicke am Sonntag in einem Clip auf der Internet-Plattform. „Nur weil mir der Song gefällt, heißt es nicht, dass jedem anderen der Song auch gefallen muss. Und hey, jeder kann das Video bewerten oder den Song bewerten, wie er möchte.“
Sie ist ein Influencer, keine Frage: In sozialen Netzwerken (Facebook/Instagram/Twitter) erreicht die Youtuberin rund acht Millionen Follower, mit 4,5 Millionen Abonnenten gehört ihr YouTube-Kanal „BibisBeautyPalace“ zu den erfolgreichsten Deutschlands. Doch seit ihrem Video haben rund 50.000 die Youtuberin verlassen. Und das scheint am Video zu liegen:
Innerhalb von zwei Tagen hat das Video 22 Millionen Abrufe generiert. Parallel schnellen aber auch die Dislikes und die Zahl der Hass-Kommentare in die Höhe: In den ersten zwei Tagen haben 1,58 Millionen Zuschauer den Clip mit „Mag ich nicht“ markiert – dem gegenüber stehen knapp 262.000 „Mag ich“-Stimmen. Ein Shitstorm oder nur ein sanftes Lüftchen?
Darüber hinaus hat die Single in den iTunes Charts schon viele Plätze eingebüßt: Am Freitag noch auf Platz 3 eingestiegen, rangiert das Lied momentan auf Platz 27. Wozu man sagen muss: immerhin.
Geht es nur ums Geld?
„Ich glaube hier tatsächlich, dass mindestens 95 Prozent des Shitstorms von außerhalb ihrer Community kommt. Man muss den Schritt aus mehreren Perspektiven betrachten und jene, die für Warner Music und dem Team hinter Bibi hier sicherlich am wichtigsten ist, ist die Businessseite“, meint Jan Jatzkowski, der gerade in Hollywood die Jatzkowski&Lennon Communication zusammen mit Naomi Lennon, eine der Top Talent Managerinnen in Los Angeles für YouTube Stars, gründet. Seine Agentur konzentriert sich auf Business Consulting, Marketing und Investment im Digital und Social Media-Bereich.
Für Bianca Heinicke kann der Song eigentlich nicht besser laufen. Schließlich verdient sie mit jedem Klick Geld. Und auch die „Hater“, die in gewisser Weise gar keine Hater sind, kriegen etwas vom Kuchen ab: „Am Montag waren 14 Videos, die über den Song berichtet haben in den YouTube Trends und alle haben eine Menge Views generiert und damit auf dem Rücken des Songs Geld verdient“, erklärt Jatzkowski und meint weiter: „Was passiert also? Sobald der Hype vorbei ist, wird auch das Netz aufhören darüber zu berichten, und das nächste Zugpferd satteln, welches Klicks generieren wird.“
Der Shitstorm, der gerade Bibi trifft, ist laut Jatzkowski ein ganz klares Bild-Zeitungs-Phänomen: „Ich könnte auf Anhieb 100 Kanäle und Produkte nennen, die in Deutschland einen riesen Shitstorm ausgelöst hätten, in den Staaten aber Beifall geklatscht wurde“. In Deutschland scheint man also mit Youtubern und Influencern anders umzugehen als in Amerika. „Das Beispiel hat gezeigt, dass auch Influencer neuen Typs nicht alles machen können. Die Community ist nicht nur nett, sondern sie macht auch klar deutlich, wenn ihr etwas nicht gefällt. So ist das in einer Welt der Likes. Da ist der nächste Dislike nicht weit weg“, sagt Markenexperte Karsten Kilian. Der Hashtag „#bibissong“ wird bereits als Trending-Topic bei Twitter geführt. Und wird eher von Häme als von Lob für den Song dominiert.
Schuster, bleib bei deinem Leisten?
Für den Markenexperten steht fest: „Nicht wirklich gelungen war in der Tat der Versuch von Bibi, sich im Bereich Musik zu versuchen. Man kann das durchaus machen, aber es ist halt immer ein Risiko seine Marke zu dehnen, auch und gerade bei Personenmarken“. Schließlich sei sie erfolgreiche mit ihrer Marke Bilou, hat sogar den Marken-Award für ihren Bodyschaum gewonnen.
Sollte Bibi also lieber bei ihren alten Qualitäten der Beauty-Queen bleiben und ihren Fehler schnell vergessen? Kilians Empfehlung: Den Songflop schnell abhaken und weitermachen, wie bisher. Also weiterhin Beauty- und Freizeitqueen sein, lustige Videos und Fotos machen, die Teenie-Community bei Laune halten. „Mein Rat: Bibi sollte selbstironisch über den eigenen Flop berichten im Sinne von ‚das war wohl nix'“.
Am Ende wird die Community Bibi weiter treu zur Seite stehen – gegen all die „alten“ Hater, die das Business und vor allem die Generation Z nicht richtig verstehen: „Ihre Community wird es nicht jucken, sie wird weiterhin ihre Videos schauen und Bibi als Star wahrnehmen“, so Jatzkowski.