Es klingt nach einem eher unspektakulären Angebot zur Basisausstattung des Haushalts: „AmazonBasics bietet hochwertige Produkte für den täglichen Bedarf zu kleinen Preisen an, direkt zu Ihnen nach Hause geliefert“, beschreibt der aktuell drittwertvollste Konzern der Welt sein Eigenmarkenangebot, das 2009 relativ unbeachtet gestartet ist.
Es begann mit den ultimativen Nerd-Accessoires: Ladekabeln, Laptoptaschen, Smartphone-Hüllen oder schlicht Batterien. Doch schnell wurde das Angebot jenseits der Verbraucherelektronik erweitert: Auch für das Bad, die Küche, den Garten oder sogar im Mode- und Sportbereich gab es bald bei Amazon Angebote von Amazon. Auf enorme 1500 Produkte ist das Angebot bereits per Ende 2017 angewachsen, wie das Finanzportal Quartz festgestellt hat.
Geklonte Erfolgsprodukte: „Sie sind Daten-Experten“
Dabei geht der Seattler Online-Pionier oft genug nach dem gleichen Erfolgskonzept vor: Amazon verfolgt sehr genau, welche Produkte von Drittanbietern sich auf seiner Plattform gut verkaufen, um ein optisch ähnliches Produkt unter der Eigenmarke zu einem weitaus günstigeren Preis anzubieten.
So geschehen beim Laptopständer von Rain Design, der sich knapp eine Dekade zu Preisen um die 50 Euro bestens verkaufte, heute jedoch im fast identischen Design bei AmazonBasics für gerade mal 16 Euro zu haben ist. „Sie sind Daten-Experten. Sie wissen, was die Leute wollen und stellen es her“, erklärte Chad Rubin vom E-Commerce-Software-Anbieter Skubana gegenüber Bloomberg bereits vor Jahren.
Angriff auf den Möbelmarkt mit Movian und Alkove
Die Expansion der Eigenmarke setzt der wertvollste Internetkonzern der Welt nun auch noch in einem der letzten großen Wachstumssegmente des Online-Handels fort: dem Möbelgeschäft. 2017 launchte Amazon im Heimatmarkt mit Rivet und Stone & Beam bereits erste Eigenmarken, nun legt der 25 Jahre alte US-Konzern auch in Deutschland mit zwei neu entworfenen Marken nach – Alkove und Movian.
„Die Marke Movian bietet eine flexible und praktische Kollektion moderner, skandinavisch inspirierter Möbel“, lockt der Einzelhandelsgigant und wählt dabei vom spartanischen Schreibtisch bis zum Doppelbett im Eichenlook ganz bewusst den Vergleich mit dem schwedischen Platzhirsch Ikea – auch in der Preisgestaltung.
Home24 und Westwing unter Druck – noch nicht Ikea
Demgegenüber positioniert Amazon Alkove als „Premium-Marke für Kunden, die erstklassiges Design und hochwertige Materialien schätzen.“ Ein Stuhl aus Wildeiche darf da schon mal 270 Euro kosten, während für ein modernes Ledersofa mal eben 1500 Euro fällig werden.
Während Amazons Expansion ins Möbelsegment reflexartig als Angriff auf Ikea verstanden wird, greift der Vergleich aktuell fraglos zu kurz – Ikea setzte 2017 fast 37 Milliarden Euro um, während sich Konzernchef Bezos über die Erlöse von Amazons Möbelaktivitäten bislang notorisch ausschweigt. (Der Vermögensverwalter SunTrust Robinson Humphrey rechnet damit, dass Amazon im vergangenen Jahr bereits 7,5 Milliarden Dollar mit Eigenmarken erlöst hat und das Umsatzvolumen bis 2022 auf stolze 25 Milliarden Dollar steigt.)
Trotzdem hat Amazons verschärfter Eintritt in den deutschen Möbelmarkt seismografisch sofort Schockwellen hinterlassen. Die Anteilsscheine der Rocket Internet-Beteiligung Home24 gaben am Montag nach Bekanntgabe von Amazons Markteintritt in Deutschland um 7 Prozent nach und setzten ihren Abwärtstrend heute in einem positiven Marktumfeld fort.