Angenommen ein Händler aus Italien möchte ein Smartphone an einen Österreicher verkaufen. Dann musste er sich bisher in Österreich, also in dem Land, in dem er seine Ware verkauft und somit Umsätze tätigt, für die Mehrwertsteuererhebung anmelden. Aus diesen Mehrwertsteuerpflichten, die oft als eines der größten Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr angeführt werden, entstehen den Unternehmen laut EU-Kommission Kosten in Höhe von rund 8.000 Euro für jedes EU-Land, in dem sie Verkäufe tätigen. Das möchte die EU-Kommission jetzt mit einem sogenannten „One-Stop-Shop“ (siehe Gesetzgebungsvorschlag zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer-Regeln für den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce)) ändern: Danach müssen Online-Händler sich für die EU-weite Entrichtung der Mehrwertsteuer nur noch bei der Steuerbehörde ihres Heimatlandes registrieren. Der Italiener müsste von dem Österreicher somit zwar weiterhin eine Mehrwertsteuer nach dem in Österreich gültigen Satz erheben, aber nur noch beim italienischen Steueramt abliefern. Durch den Übergang zu dem eben beschriebenen EU-weit einheitlichen Online-MWSt-Portal würden die Kosten für die Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften deutlich verringert, was den Unternehmen in der EU Einsparungen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro jährlich ermögliche. „Zudem gewährleisten die neuen Vorschriften, dass die Mehrwertsteuer in dem Mitgliedstaat entrichtet wird, in dem der Endverbraucher ansässig ist, was zu einer gerechteren Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den EU-Ländern führt. Mit unseren Vorschlägen wird den Mitgliedstaaten geholfen, die derzeit auf fünf Milliarden Euro jährlich veranschlagten Steuerverluste bei Online-Umsätzen wettzumachen. Bis 2020 würden sich die jährlichen Mindereinnahmen voraussichtlich auf sieben Milliarden Euro belaufen, weswegen jetzt gehandelt werden muss“, so die EU-Kommission in ihrem Gesetzgebungsvorschlag.
Für kleine Unternehmen werden Vorteile geschaffen
Im besondere Maße sollen kleine Unternehmen und Start-ups profitieren: So wird ein neuer Schwellenwert von jährlich 10.000 Euro für Online-Verkäufe eingeführt, unter dem Online-Händler weiter die Mehrwertsteuervorschriften aus ihrem Heimatland anwenden dürfen. Damit werde die Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften für 430.000 Unternehmen in der EU erleichtert, die 97 Prozent aller grenzüberschreitend tätigen Kleinunternehmen ausmachen.
Wettbewerb mit Drittstaaten eindämmen
Um Mehrwertsteuerbetrug durch Drittstaaten zu verhindern, nimmt die EU-Kommission zudem Kleinsendungen ins Visier. Derzeit sind Kleinsendungen mit einem Wert von weniger als 22 Euro, die in die EU importiert werden, von der Mehrwertsteuer befreit. Mit rund 150 Millionen Paketen, die jedes Jahr mehrwertsteuerfrei in die EU eingeführt werden, sei dieses System für massenhaften Betrug und Missbrauch anfällig, womit beträchtliche Wettbewerbsverzerrungen zulasten von Unternehmen in der EU entstünden: „Erstens sind die EU-Unternehmen gegenüber ihren nicht in der EU ansässigen Wettbewerbern eindeutig benachteiligt, da sie vom ersten Eurocent an mehrwertsteuerpflichtig sind. Zweitens enthalten die Einfuhrunterlagen für hochwertige Waren wie Smartphones und Tablets systematisch zu niedrigere Wertangaben oder falsche Warenbeschreibungen, damit diesen die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird“, so die Kommission, die daher fordert, die Befreiung abzuschaffen.
Günstigere E-Books & Co.
Weiterhin möchte die EU-Kommission die MWSt-Vorschriften für E-Books und Online-Zeitungen anpassen. Zurzeit können Mitgliedstaaten Bücher, Zeitungen oder andere gedruckte Veröffentlichungen zu ermäßigten Sätzen besteuern. Elektronische Veröffentlichungen sind davon ausgenommen und müssen zum Normalsatz besteuert werden. Mit dem neuen System sollen die Steuersätze für elektronische Veröffentlichungen an die für Druckerzeugnisse angepasst werden.