„Es geht um eine neue Kultur des Sports“

Liganova hat das Cover zum absatzwirtschaft-Schwerpunkt Sportmarketing gestaltet. Im Interview spricht Key Account Director Anabel Carluccio über die Zukunft des Sportmarketings und die Macht der 10.000 Minuten.
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10.000 Minuten sind in etwa die Zeit zwischen zwei Bundesligaspielen eines Teams. (© Montage: Olaf Hess)

Frau Carluccio, wieso sehen Sie die Welt des Sportmarketings an einem Wendepunkt angekommen?

Die Zeiten, in denen die reine Sichtbarkeit durch Werbebanner oder exklusive VIP-Logen ausreichte, sind vorbei. Heute geht es darum, Marken im Sportumfeld nicht nur neu zu positionieren, sondern auch Sportmarken im gesellschaftlichen Kontext anders darzustellen. Das Ziel ist eine tiefgreifende Neuausrichtung, die sowohl den Sport als auch die damit verbundenen Marken in einem neuen Licht präsentiert und eine stärkere, emotionalere Verbindung zu den Zielgruppen aufbaut. Es geht darum, Sportmarketing nachhaltig und vor allem zukunftsorientiert zu denken.

Was entscheidet über den Erfolg einer solchen Neuausrichtung?

Die Dynamik des Marktes hat sich signifikant verändert. Marken müssen heute sichtbarer und vor allem erlebbarer sein, um wirklich zu begeistern. Die Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu erregen und Loyalität zu schaffen, ist wichtiger denn je. Die langfristige Markenpositionierung und das gegenseitige Investment in eine einheitliche Haltung zu gesellschaftlich relevanten Themen sind dabei essenziell. Das Ziel ist der Aufbau einer Community, die auch außerhalb der Spielzeit erlebbar ist und eine tiefe Verbindung zu den Marken schafft. In diesem Kontext geht es um weit mehr als nur um Marketing; es geht um die Schaffung einer neuen Kultur des Sports und der Marken, die ihn unterstützen.

Marken, die die 10.000 Minuten zwischen den Spielen als Verlängerung des Markenerlebnisses begreifen und ihre Fans konsequent mit physischen und digitalen Angeboten bespielen, werden langfristig die Höchstpunktzahl in den Bereichen “Experience” und “Community” erreichen.

Anabel Carluccio, Key Account Director bei Liganova

Liganova hat das Cover der aktuellen absatzwirtschaft gestaltet: Darauf ist eine Anzeigentafel inmitten eines Stadions zu sehen, die 10.000 Minuten anzeigt. Welche Botschaft steckt dahinter?

Der physische Raum, insbesondere das Stadionerlebnis, ist und bleibt einzigartig. Ein Stadionbesuch, das gemeinsame Mitfiebern und Feiern, verkörpert Emotionen wie kaum eine andere Erfahrung. Diese Einzigartigkeit bietet sowohl für Sportmarken als auch für Brands im Sportmarketing nach wie vor enorme Chancen. Die Marken stehen allerdings vor der Aufgabe, das Erlebnis zu erweitern. Wir zeigen auf der Anzeigetafel eine Nachspielzeit von 10.000 Minuten an. Das ist in etwa die Zeit, die zwischen zwei Spielen liegt. Es gilt, das Markenerlebnis über das Spiel hinaus nachhaltig zu verlängern. Marken, die die 10.000 Minuten zwischen den Spielen als Verlängerung des Markenerlebnisses begreifen und ihre Fans konsequent mit physischen und digitalen Angeboten bespielen, werden langfristig die Höchstpunktzahl in den Bereichen „Experience“ und “Community” erreichen. Das soll das Cover zeigen.

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Anabel Carluccio (© Liganova)

Was bedeutet das für Unternehmen und ihre Kommunikation?

Die Dezentralisierung der Marke und die Erschließung neuer Räume, mit denen sich Menschen identifizieren können, sind entscheidend. Ein Sportverein oder eine Sportmarke sind mehr als nur die Summe seiner Spieler; es geht um die Vermittlung sportlicher Werte, um eine Haltung und um eine deutliche Markenpräsenz. Dies kann erfolgreich auch an Standorten außerhalb des Stadions stattfinden. Das reicht von Erlebnispräsenzen in den Innenstädten, Gastronomie und Hospitality über die Schaffung und das Sponsoring wichtiger infrastruktureller Elemente hin zu Freizeitaktivitäten, die nicht unbedingt einen direkten Link zu der ursprünglichen Sportart bieten. Kurz: Es geht um die Integration des Sports, des Verein oder der Marke in die Lebenswelt der Zielgruppe, die mehr ist als der Fanblock.

Wie sind Sie bei der Cover-Entwicklung vorgegangen und wer war daran beteiligt?

Das Cover wurde aus unserer eigenen Kommunikationsabteilung heraus entwickelt. Beteiligt waren Nadine Merkel (Corporate Creative Director), Phillipp Busch (Design Manager), Nadine Frey (Communication Manager) und Katharina Culha (Senior Communication Manager).

Welche Rolle spielt die Kreation bei der Neuausrichtung des Sportmarketings?

Mehr denn je bedarf es individueller Konzepte, die das Erlebbarmachen der Marke, des Sports und der dahinterstehenden Wertewelt ermöglichen. Das Sponsoring einer WM, einer Turnierserie oder eines einzelnen Vereins bedarf daher der Kreation eines ganz eigenen Auftritts, eines eigenständigen Erlebnisses, bei dem beide Seiten Mitspracherecht haben. Nur dann ist es möglich, eine nachhaltige Bindung, langfristige Loyalität und vor allem echte Begeisterung bei Kunden, Fans und Standorten aufzubauen. Diese Erlebnisse finden vornehmlich vor Ort und in Person statt, bringen Menschen zusammen und schaffen Erinnerungen und Erlebnisse. Die Integration digitaler Kanäle ermöglicht darüber hinaus eine umfassende Customer Journey, die von Livestreams bis zu viralen Social-Media-Aktionen reicht und nicht nur bestehende Kunden anspricht, sondern auch das Potenzial hat, neue Zielgruppen zu gewinnen – unabhängig von Zeit und Raum.

Die Fragen wurden schriftlich gestellt.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.