Angesichts des harten Wettbewerbs auf dem Fernbus-Markt steigen immer mehr mittelständische Fernbus-Partnerunternehmen aus der umkämpften Branche aus. Nach Recherchen des NDR haben mehrere norddeutsche Unternehmen die Kooperation mit Marktführer Flixbus beendet, darunter mindestens vier Unternehmen aus Niedersachsen.
Verstöße bei Fernbussen
Der Verband Mobifair, der sich für faire Arbeitsbedingungen in der Verkehrsbranche einsetzt, erwartet, dass noch mehr mittelständische Partner-Unternehmen aus dem Fernbus-Geschäft aussteigen werden. Man habe mit vielen Busunternehmern gesprochen: „Die sagen, ‚wir würden das nie mehr machen'“, sagte Helmut Diener, der Geschäftsführer von Mobifair, dem NDR. In vielen Gesprächen werde klar, dass Busunternehmer keine Möglichkeit sähen, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und gleichzeitig Gewinne zu machen. Mobifair hat Polizeikontrollen von 2014 und 2015 ausgewertet, aus denen hervorgeht, dass bei 695 kontrollierten Fernbussen 255 Verstöße festgestellt wurden.
Kündigung durch Hamburger Unternehmen
Das Hamburger Busunternehmen Elite Traffic teilte dem NDR mit, dass man sich nach einem Minus von mindestens zwei Millionen Euro entschieden habe, den Vertrag mit Flixbus zu kündigen. Dies sei die „Konsequenz des katastrophalen Preiskampfes auf dem Fernbusliniensektor“, sagte der Betriebsleiter von Elite Traffic, Sebastian Reimers. Reimers betonte, dass er die Ursache der wirtschaftlichen Probleme von mittelständischen Buspartnern in den niedrigen Ticketpreisen sehe, deren Folgen auf die Subunternehmen abgewälzt würden: „Es werden neue Fahrzeuge verlangt, es werden ausgeruhte Fahrer verlangt, es wird die Einhaltung der Sozialvorschriften verlangt. Und dafür sind die Preise zu günstig.“ Gegenüber dem NDR bestreitet Flixbus schriftlich die von Elite Traffic erhoben Vorwürfe. Dazu wies Flixbus die Kündigungswelle zurück: Es gehe um „eine Handvoll“ Unternehmen, sagte ein Sprecher.
Überlastete Fahrer
Nach der Liberalisierung des deutschen Fernbusverkehrs hat sich seit Anfang 2013 die Branche stetig vergrößert. Mittlerweile werden laut IGES-Institut zirka 300 Linienverbindungen angeboten. Die Zahl der Fahrgäste hat sich seit der Liberalisierung mehr als verdoppelt. 2015 sollen sollen laut IGES rund 20 Millionen Menschen mit Fernbussen unterwegs gewesen sein, 2013 waren es noch 8,2 Millionen.
Das schnelle Wachstum führt allerdings immer wieder zu Verstößen. So werden Linien mit langen Fahrstrecken, auf denen Busunternehmen üblicherweise eine Mehr-Fahrer-Besatzung einsetzen würden, teilweise mit nur einem Fahrer bedient. Gegenüber dem NDR berichtet ein Fahrer von einem solchen Fall aus einem niedersächsischen Subunternehmen: Angesichts der extremen Belastung seien ihm bei voller Fahrt die Augen zugefallen.