Zum ersten Mal in der knapp 50-jährigen Firmengeschichte steht eine Frau an der Spitze des Damenmodeherstellers Gerry Weber. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hat Angelika Schindler-Obenhaus für die kommenden drei Jahre zur Vorstandsvorsitzenden bestellt. Sie soll die Position zur Hauptversammlung am 10. Juni von Alexander Gedat übernehmen. Gedat führt den Konzern seit Februar 2020 als Interimschef und strebe nun zurück in den Aufsichtsrat, wo er bereit sei, den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden zu übernehmen, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Mit Schindler-Obenhaus hat sich der Aufsichtsrat für eine interne Lösung entschieden: Die gebürtige Flensburgerin gehört dem Vorstand von Gerry Weber seit August letzten Jahres an und verantwortet als Chief Operating Officer das Tagesgeschäft mit den Bereichen Design, Produktion, Beschaffung und Marketing/Kommunikation. Von Alexander Gedat übernimmt sie nun zusätzlich den Vertrieb.
Karrierestart beim Horten-Kaufhaus
Die 58-Jährige ist der Mitteilung zufolge seit fast 40 Jahren in der Modebranche. Ihre Laufbahn startete sie beim Kaufhauskonzern Horten. Zu Gerry Weber war sie bei der Bielefelder Katag AG, einem Verbund von Mode- und Bekleidungsfachhändlern, gewechselt. Dort war sie seit 2010 im Vorstand für die Bereiche Einkauf, IT und Marketing verantwortlich.
Der Gerry-Weber Vorstand besteht künftig aus Angelika Schindler-Obenhaus und Finanzchef Florian Frank. Für die Vorstandsvorsitzende stellt die neue Aufgabe nicht erst durch die Auswirkungen der Corona-Krise eine große Herausforderung dar. Gerry Weber hatte bereits 2019 Insolvenz angemeldet. In der Folge wurde ein drastisches Sparprogramm gefahren, in dessen Rahmen bis Ende 2021 insgesamt 120 eigene Filialen geschlossen werden. Das Münchener Bekleidungshaus Hallhuber, seit 2015 Tochterunternehmen von Gerry Weber, wurde im Sommer 2019 verkauft.
Heute beschäftigt die Aktiengesellschaft mit Sitz in Halle/Westfalen nach eigenen Angaben rund 2600 Mitarbeiter und vertreibt Mode in mehr als 60 Ländern. Zuletzt schrieb das 1973 von Gerhard Weber und Udo Hardieck gegründete Unternehmen wieder schwarze Jahren.