Mit Spenden das Wohlwollen von Kritikern erkaufen – das klingt nicht gerade nach einem fairen Spiel. Doch genau dieses Spiel sollen Coca-Cola und Pepsi mit Kritikern zuckerhaltiger Getränke über mehrere Jahre gespielt haben. Auch vor der Politik machten die Unternehmen keinen Halt. Um vor ungebetenen, geschäftsschädigenden Gesetzen gefeit zu sein, sollen die beiden Limo-Giganten zusätzlich intensive Lobbyarbeit betrieben haben. Das berichtet die New York Times (NYT) unter Berufung auf die Studie „Sponsorship of National Health Organizations by Two Major Soda Companies“ der Boston University. Die Ergebnisse dokumentieren die tiefen finanziellen Bindungen der Getränkeindustrie zu Gesundheitsorganisationen und entlarven das Sponsoring als umfassende Strategie der Branche, wohlwollende Stimme der Organisationen gegen missliebige Vorschriften zu erkaufen sowie den öffentlichen Bereich mit Lobby-Arbeit in die eigene Richtung zu lenken.
Sponsoring von 96 Gesundheitsorganisationen
Im Detail fanden die Forscher Daniel Aaron und Michael Siegel heraus, dass Coca-Cola und Pepsi zwischen 2011 und 2015 etwa 96 Gesundheitsorganisationen und -einrichtungen finanziell „unterstützen“. Jedoch, so die beiden Forscher, nicht um die Gesundheit der Menschen tatsächlich zu fördern, sondern um ihre Zustimmung zu Steuern auf zuckerhaltige Getränke und andere Vorschriften, die zahlreiche US-Städte diskutierten, einzustampfen. Neben den Millionenspenden soll Coca-Cola zudem zwischen 2011 und 2015 mehr als sechs Millionen US-Dollar für Lobby-Arbeit locker gemacht haben, so die NYT unter Berufung auf das unabhängige „Center for Responsive Politics“. Pepsi soll es in diesem Zeitraum auf drei Millionen Euro, und der US-Getränkeverband auf eine Million US Dollar gebracht haben.
Auch NGOs lassen sich bestechen
In ihrer Studie listen die Forscher einige Beispiele einflussreicher Gesundheitsorganisationen auf, die Spenden der beiden Konzerne annahmen. Darunter die Non-Profit-Organisation „Save the Children“, die aktiv Kampagnen gegen zuckerhaltige Getränke in mehreren US-Staaten unterstützt hatte. 2010 stellte die NGO ihr Engagement schlagartig ein – nach einer fünf Millionen hohen Spende von Coca-Cola für Gesundheits- und Bildungsprogramme von Kindern. Als Reaktion auf die Forschungsergebnisse dementierte „Save the Children“ jeglichen Zusammenhang zwischen Spenden und dem Einstellen ihres Engagements gegen Zucker-Limos. Zudem habe man sich 2010 auf die frühkindliche Bildung, nicht auf die Gesundheit konzentriert. Auch die „National Association for the Advancement of Colored People“ (N.A.A.C.P.) und die „Hispanic Federation“ wurden mit Millionenbeträgen beglückt. Trotz des hohen Adipositas-Anteils in der schwarzen und spanisch-stämmigen Bevölkerung stimmten beide Organisationen gegen eine Steuer auf Zucker-Getränke.
Pepsi und Coca-Cola auch in EU aktiv
Auch auf europäischer Ebene sollen sich Pepsi und Cola laut Timo Lange, Campaigner bei „LobbyControl“, engagieren. Auch hier ginge es um Themen wie Besteuerung, Kennzeichnung, Verpackungen, Mehrwegquoten. „Pepsi hat in Brüssel nach eigenen Angaben im letzten Jahr rund eine halbe Million Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Die Lobbyausgaben von Coca-Cola lagen im Jahr 2015 in einer vergleichbaren Größenordnung. Zusätzlich engagieren sich Coca-Cola und Pepsi finanziell bei Organisationen wie der Industrieplattform ‚International Life Sciences Institute ILSI’ oder dem ebenfalls auf den ersten Blick neutral wirkenden ‚European Food Information Council, Eufic’“, sagt Lange gegenüber absatzwirtschaft. Auch in Europa und Deutschland versuche die Branche etwa den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Zuckergetränken abzustreiten bzw. wissenschaftliche Zweifel zu säen.