Es ist ein Fall, der durch die Verknüpfung von Datenschutz und Wettbewerbsaufsicht wegweisend werden könnte – und jahrelang durch die Instanzen geht. Bundeskartellamt-Präsident Andreas Mundt erläutert dies in der Mitteilung dazu: „Durch die Kombination von Daten aus der eigenen Website, konzerneigenen Diensten und der Analyse von Drittwebseiten erhält Facebook ein sehr genaues Profil seiner Nutzer und weiß, was sie im Internet machen.“
Das Kartellamt untersagte Facebook auch, die auf fremden Websites gesammelten Daten mit Informationen zusammenzuführen, die bei den Nutzern auf der Plattform des Online-Netzwerks selbst gesammelt wurden. Die Behörde betrachtet dabei auch zum Konzern gehörende Apps wie Instagram und WhatsApp als Drittquellen. Das Online-Netzwerk bekam zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern und muss innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge präsentieren.
Facebook will gegen Votum des Kartellamtes vorgehen
Facebook kontert, das Online-Netzwerk sei zwar populär, aber habe keine marktbeherrschende Stellung. Man verstoße auch nicht gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung. Außerdem seien für die Aufsicht über ihre Einhaltung die Datenschutzbehörden und nicht Wettbewerbshüter zuständig. Das Bundeskartellamt untersucht bisher nur die Datensammlung außerhalb der Facebook-Kernplattform – mit dem „Gefällt-mir“-Button oder dem Auswertungsdienst Facebook Analytics.
Ein zentraler Kritikpunkt der Wettbewerbshüter aus Bonn ist, dass man der Datenerhebung „als Gesamtpaket“ zustimmen muss, um Facebook überhaupt nutzen zu können. Dazu erklärt Mundt: „Daten sind heute ein entscheidender Faktor im Wettbewerb. Gerade für Facebook sind sie sogar der wesentliche Faktor für die Dominanz des Unternehmens.“ Auf der einen Seite stünde eine kostenlose Dienstleistung für Nutzer, andererseits steige die Attraktivität und der Wert der Werbeplätze sowohl mit der Menge als auch der Tiefe der Nutzerdaten.
Der Kartellamts-Präsident schlussfolgert: „Gerade bei der Datensammlung und Verwertung muss sich Facebook deshalb als marktbeherrschendes Unternehmen an die in Deutschland und Europa geltenden Regeln und Gesetze halten.“
Anwendung des Wettbewerbsrechts in „verfehlter Weise“
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Facebook hat die Möglichkeit innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde. Dies will der Konzern auch tun, wie Facebook in einem Blogeintrag mitteilt. Dort heißt es unter anderem:
Wir haben über fast drei Jahre mit dem Bundeskartellamt kooperiert und werden unseren Dialog mit der Behörde fortsetzen. Ungeachtet dessen lehnen wir die Auffassung des Bundeskartellamts entschieden ab und werden Beschwerde gegen den Beschluss einlegen. Das Bundeskartellamt unterschätzt den starken Wettbewerb, dem wir in Deutschland ausgesetzt sind. Es bewertet unsere Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) falsch und läuft im Ergebnis Gefahr, jene Mechanismen zu unterlaufen, die das europäische Recht zur Sicherstellung konsistenter Datenschutzstandards für die gesamte EU bereithält.
Yvonne Cunnane (Head of Data Protection Facebook Ireland) und Nikhil Shanbhag (Director and Associate General Counsel) teilen zudem mit, dass Facebook die DGSVO-Pflichten sehr ernst nehme. „Die Entscheidung des Bundeskartellamts aber wendet das Wettbewerbsrecht in verfehlter Weise an, indem es Sonderanforderungen aufstellt, die nur für ein einziges Unternehmen gelten sollen.“
Drei Punkte übersehe das Kartellamt bei seiner Entscheidung: 1.) Popularität ist nicht gleichbedeutend mit Marktbeherrschung; 2.) Facebook befolgt die Vorgaben der DSGVO und 3.) dienstübergreifende Informationsnutzung macht unsere Plattformen besser und stärkt die Sicherheit.
Letztlich sei es ihnen wichtig, „dass Menschen und Unternehmen in Deutschland auch in Zukunft unsere Dienste in vollem Umfang nutzen können.“
tb/mit Material der dpa